Essverbot in der U-Bahn: 647 Ermahnungen in einem Jahr

Essverbot in der Wiener U-Bahn
Im Schnitt werden zwei Fahrgäste pro Tag ermahnt. Die Mehrheit hält sich an die Spielregeln. Die Züge wurden sauberer.

Ein üppig beladener Döner von einem der Standln am Wiener Gürtel, eine Pizza-Schnitte oder einfach nur das Frühstücks-Kipferl am Weg in die Arbeit - jahrzehntelang gehörte der schnelle Snack zwischendurch in den U-Bahnen irgendwie dazu. Trotz Naserümpfen und schiefer Blicke.

Seit Anfang 2019 ist damit aber Schluss. Die Wiener Linien verhängten nach einem Testlauf in der U6 ein generelles Essverbot. Nun ziehen sie die erste Bilanz.

Und die sei durchaus positiv, heißt es. Bei 463 Millionen U-Bahn-Fahrgästen im Vorjahr mussten die Mitarbeiter nur 647 Personen ermahnen und auf das Essverbot hinweisen. "Die Fahrgäste akzeptieren es. Unser Sicherheitsdienst muss ein bis zwei Mal pro Tag Leute darauf aufmerksam machen, die packen das Essen dann weg", berichtet ein Sprecher.

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Vielmehr würde die Mehrheit das Verbot goutiert. Denn neben dem Geruch war es auch der in den Waggons zurückgelassene Müll, der in den vergangenen Jahren stark zugenommen haben soll. 2019 hätten bei Befragungen 83 Prozent der Fahrgäste die U-Bahn als sehr sauber wahrgenommen, 2016 seien es noch 80 Prozent gewesen.

Protest überschaubar

Dass das Verbot dann doch nicht allen schmeckt, machte am Wochenende ein Interview mit Schauspielerin Nina Proll deutlich. „Als ich gelesen habe, dass man in der U-Bahn nicht mehr essen darf, habe ich mir gedacht: Jetzt sind alle verrückt geworden! Ich habe das nicht glauben können und finde das wirklich eine Zumutung, dass es verboten ist", erklärte sie am Samstag in einem Wien heute-Interview. Sie hofft, dass die neue Regierung dieses wieder rückgängi macht. Alleine, die ist nicht zuständig.

Generell war Protest aber überschaubar. Facebook-Veranstaltungen riefen zum Döner-Essen in der U-Bahn auf, das Interesse war gering. Bei einer Umfrage der Wiener Linien sprachen sich im Sommer 2018 zwei Drittel der Teilnehmer für ein Verbot aus.

"Wunsch der Fahrgäste"

„Das Essverbot in der U-Bahn ist sinnvoll und entspricht dem Wunsch vieler Fahrgäste. In unserer humorvollen Informationskampagne zum Start haben wir gezeigt, dass sich auch das Thema Hausordnung leichtfüßig umsetzen lässt“, erklärt nun Wiener Linien-Geschäftsführerin Alexandra Reinagl.

Essverbot in der Wiener U-Bahn

Für ihre Info-Kampagne wurden die Wiener Linien ausgezeichnet.

Auch Stadträtin Ulli Sima findet lobende Worte: „Mir geht es um Rücksichtnahme und ein Miteinander in den Öffis, jeder Fahrgast soll sich wohlfühlen und das Essverbot trägt dazu wesentlich bei. Wer will schon Pizzareste, Ketchup & Co. auf den Sitzen oder den Geruch einer Asia-Nudelpfanne im überfüllten U-Bahn-Zug?"

Duft-U-Bahn fiel durch

Das Essverbot war 2019 übrigens nicht die einzige Maßnahme, die zur Attraktivierung der Wiener Öffis beitragen sollte. Die forcierte Duft-U-Bahn fiel bei den Fahrgästen aber durch. Im Juli waren jeweils zwei Züge der Linien U1 und U6 parfümiert unterwegs.

Die Düfte - zur Auswahl standen vier Sorten - wurden über das Lüftungssystem in den Waggons verteilt, das einmonatige Pilotprojekt schlug laut Wiener Linien mit 5.000 Euro zu Buche. Am Ende sprachen sich von 37.000 Fahrgästen, die an einer Abstimmung darüber teilnahmen, 21.000 gegen beduftete U-Bahnen aus.

Die Wiener Linien hatten damals auch eine Erklärung dafür: Das Raumklima hatte sich nach Einführung des Essverbots gebessert.

Was letzteres betrifft, hatte der Wiener Fahrgastbeirat eine Ausweitung auf Busse und Bim gefordert. Das sei aber weitherin nicht geplant, heißt es bei den Wiener Linien.

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