Betrugsprozess gegen Schönheitschirurg nach misslungener Brust-OP

(Symbolbild)
Richter brachte Strafanzeige ein, nachdem ihm im Zivilprozess Ungereimtheiten bei der Dokumentation des Falles aufgefallen waren.

Eigentlich geht es bei dem Prozess am Dienstag am Straflandesgericht in Wien nicht um die offenbar misslungene Brust-Operation eines Wiener Schönheitschirurgen. Das diesbezügliche Strafverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung ist bereits mit einer Diversion beendet worden.

Allerdings hat sich aus dem Zivilprozess ein neuerliches Strafverfahren entwickelt. Denn dem Richter in diesem Verfahren waren Ungereimtheiten bei den Patientenunterlagen und in der Krankengeschichte aufgefallen, die ihn zu einer Strafanzeige wegen Betrugs gegen den Chirurgen bewogen haben.

OP laut Arzt nur mit Implantaten möglich

Die Patientin, sie ist jetzt 32 Jahre alt, hatte sich im August 2016 dazu entschlossen, ihre Brust verkleinern zu lassen. Viel zu groß sei diese gewesen, dazu eine schlauchartige Fehlbildung habe sie dazu bewogen. Dabei habe der Arzt ihr von Anfang an klargemacht, dass der Eingriff nur mit einem Implantat durchgeführt werden könne, da die Brust ansonsten „nicht halten“ würde. Bei einem ersten Antrag an die Krankenkasse war die Rede davon, 400 Gramm je Brust zu entfernen, später sollten es dann 500 Gramm sein. Dass die OP auch ohne Implantat gemacht werden hätte können, davon sei nie die Rede gewesen.

Langer Leidensweg

Wenn sie von ihrem Leidensweg erzählt, versagt ihr immer wieder die Stimme, sie bricht in Tränen aus, muss ihre Erzählungen unterbrechen. Von einer immer größer werdenden Brust erzählt sie, von Blutklumpen, die aus einem Loch in der Brust herausgedrückt werden, sie erzählt, dass sie in der Nacht munter wurde, blutüberströmt von der aufgeplatzten und nicht verheilten Wunde auf ihrem Oberkörper, sie schildert, wie sie vor Schmerzen bewusstlos zusammengebrochen sei.  

Dass es zu derartigen Komplikationen kommen könnte, darüber sei sie nicht aufgeklärt worden. Nachbluten wäre möglich, habe der Arzt gesagt, das könne man in zehn Minuten erledigen. Oder die Brustwarze könnte verloren gehen – diese könne man aber Nachtätowieren, habe der Arzt versichert. Gekommen ist es dann anders. Samt Strafprozess mit Diversion.

Ungereimtheiten bei Dokumentation

Im Zivilprozess, den die Frau nach der misslungenen Brust-OP angestrengt hat, sind Ungereimtheiten bei Aufklärungsbögen aufgefallen. Etwa, dass eine andere Operation dokumentiert als durchgeführt worden sei. Ein Gespräch über Brustkrebs in der Familie – als Grundlage für die Entscheidung, eine Operation mit einem Implantat durchzuführen – habe es erst zu einem viel späteren Zeitpunkt als dokumentiert gegeben, eine Operation ohne Implantat sei nämlich nie zur Wahl gestanden. Dem hält der Arzt entgegen: „Wenn die Patientin sagt, ich hätte das nicht so kommuniziert, ist das die Unwahrheit.“

Zur Diskussion stand dann noch ein „Filzstift-Bogen“, ein Aufklärungsbogen, der unmittelbar vor der Operation mit jenem Filzstift ausgefüllt wurde, mit dem der Schönheitschirurg auch die Brüste der Patientin für den Eingriff markiert habe. An diesen kann sich die Frau nicht erinnern, auch nicht, dass sie diesen unterschrieben habe.

"Alles wurde besprochen"

Die Operation wurde in einer Privatklinik durchgeführt, die dort vorhandenen Originale der Krankengeschichte weisen anderen Inhalte auf, als jene, die der Arzt im Zivilprozess vorgelegt hatte. Ein üblicher Vorgang, dass Unterlagen vervollständigt werden, wenn sie – wie in diesem Fall an eine Gutachterin in einem Prozess - außer Haus gegeben würden, erklärt der Chirurg, der das nicht zu seinen Gunsten erfunden, sondern aus vorhandenen Chat-Verläufen, Gedächtnisprotokollen oder andernorts abgelegten Dokumenten eingefügt haben will. „Alles, was ich ergänzt habe, wurde auch mit ihr besprochen“, schildert der Arzt dem Richter.

Dass das auch auf Dokumenten geschehen sei, auf denen sich bereits eine Unterschrift der Patientin und seine Signatur befunden haben, sei im Nachhinein betrachtet „nicht korrekt“ gewesen, räumt der Arzt ein. Geändert sollen Termine, Inhalte, Risiken und Behandlungsmethoden worden sein, heißt es im Prozess. Durchgeführt wurden die Änderungen übrigens zwischen 0 und zwei Uhr morgens in jener Nacht, bevor die Unterlagen für den Zivilprozess abgegeben wurden, eineinhalb Jahre nach Informations-Gesprächen und dem Eingriff. Das weiß man, weil die Eingaben in einem Patientendatensystem mit einem Zeitstempel versehen wurden.

Schriftgutachten wird eingeholt

Der Prozess wurde vertagt: So wird ein graphologisches Gutachten eingeholt, um zu klären, ob die Unterschrift auf dem „Filzstift-Bogen“ von der Patientin stammt oder vom Arzt gefälscht worden sei. Verteidiger Farid Rifaat möchte zusätzlich, dass alle Originaldokumente beigeschafft werden, außerdem solle der ehemalige Chef des Chirurgen als Zeuge geladen werden, um zu klären, ob Nachbesserungen von Dokumentationen üblich seien. Und er beantragte die Einholung eines Gutachtens eines plastischen Chirurgen, der die Frage klären solle, ob die vorgenommenen Ergänzungen sinngemäß das Gleiche zum Inhalt hätten, wie die von der Zeugin unterfertigten Bögen.

Das Zivilrechtsverfahren der Frau gegen den Arzt läuft übrigens auch schleppend – derzeit wegen eines Richterwechsels.

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