"Babysitten"? Was zum Job der Anti-Terror-Einheit gehört
Sie beschützten Staatsgäste wie Wladimir Putin beim Skifahren am Arlberg, den früheren UNO-Generalsekretär Ban Ki-moon oder den Papst.
Seit Tagen ist der Personenschutz der Cobra aber aus weniger ruhmreichen Gründen in aller Munde. Zwei sturzbetrunkene Beamte, die nach Ende der Bewachung von Kanzlergattin Katharina Nehammer einen Autounfall beim Ausparken der Dienstlimousine direkt vor der Kanzlerwohnung in Wien-Hietzing verursachten, haben der Sondereinheit keinen guten Dienst erwiesen.
„Nach 700.000 Mannstunden in fünf Jahren ohne einen nennenswerten Fehler beim Personenschutz ist das natürlich bitter“, muss ein hochrangiger Offizier der Einheit zähneknirschend eingestehen.
Falsche Vorwürfe
Am schlimmsten empfindet man in der Führungsetage der Cobra aber die vielen „falschen Vorwürfe“, die durch einen anonymen Insider-Brief und die damit verbundene parlamentarische Anfrage der SPÖ öffentlich geworden sind. Beispielsweise, dass der Personenschutz der Cobra das Privat-Taxi der Kanzler-Kinder sei und Katharina Nehammer die gut ausgebildeten Beamten zu Botenfahrten einteile – um PCR-Tests abzugeben oder Kleidung in die Reinigung zu bringen. SPÖ-Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch sprach sogar davon, dass die Antiterroreinheit für „privates Kanzler-Service missbraucht“ werde.
Wer solche Anschuldigungen in den Raum stelle, habe das Prinzip des Personenschutzes nicht verstanden, heißt es dazu bei der Cobra. „Es werden keine Botendienste absolviert, wir haben den Schutzauftrag für vier Personen und dazu gehören zwei Kinder. Und wenn diese Kinder eben zum Reiten müssen, dann muss auch ein Personenschützer mit dabei sein“, erklärt Direktor Bernhard Treibenreif im KURIER-Gespräch.
Gefährdung der Sicherheit
Werden Personen wie Kanzler Karl Nehammer, seine Frau und die Kinder von den Risikoanalysten der Direktion für Staatsschutz (DSN) als gefährdet und damit schützenswert eingestuft, bedeute dies auch privat rund um die Uhr Bewachung. „Das betrifft den Weg zur Schule, Einkäufe, Friseurbesuche oder den Klavierunterricht. Wenn man auf einem dieser Dienstwege dann noch PCR-Tests irgendwo einwirft oder stehen bleibt, um etwas aus der Reinigung zu holen, gehört das zum Überwachungsjob“, erklärt einer der Beamten, der für die taktischen Konzepte verantwortlich ist.
Vorgetäuschte Botenfahrten, bei denen niemand sonst im Fahrzeug sitzt, seien sogar Teil des Einsatzkonzepts und internationaler Standard. „Breaking the routine“, erklärt Direktor Treibenreif knapp.
Gassi gehen
Es gehöre auch zum Job eines Personenschützers, Bundespräsident Alexander Van der Bellen beim Gassi gehen mit seiner Hündin Juli zu begleiten, ebenso wie hochrangige Botschafter beim Lauftraining für den Wien-Marathon. „Wir können uns nicht aussuchen, in welcher Lebenslage wir die gefährdeten Personen schützen müssen“, sagt der Einsatztaktiker.
Seit der Corona-Pandemie stehen in Österreich mehr Personen denn je unter Personenschutz. Ständig werden mehr als 15 Politiker, Botschafter und hohe Repräsentanten anderer Staaten bewacht. Das Kernteam des Cobra-Personenschutzes zählt 50 Beamte. Die beiden Polizisten, die den hochnotpeinlichen Alko-Unfall hatten, gehören nicht dazu. Sie stammen vom Einsatzstab der Cobra, der immer wieder beim Personenschutz aushelfen muss.
Bösartigkeit
Gegen die Vorwürfe, die in dem anonymen Schreiben konkret gegen Cobra-Direktor Treibenreif erhoben werden, dass der Kanzler bei ihm interveniert habe, um die Dienstzeiten der Cobra-Beamten nachträglich zu ändern, wehrt sich dieser vehement: „Es hat keine Intervention gegeben, keinen Besuch von Katharina Nehammer in der Cobra-Zentrale, das ist erlogen und bösartig.“
Das Innenministerium hatte nach Bekanntwerden der parlamentarischen Anfrage Anzeigen angekündigte. Die Frage bleibt: Gegen wen? Offenbar wird gerade geprüft, ob durch den Verrat von Details aus der Cobra-Arbeit die Amtsverschwiegenheit verletzt wurde.
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