Architekt Neumann: "Das ORF-Zentrum ist komplett falsch oben am Küniglberg"

Architekt Neumann: "Das ORF-Zentrum ist komplett falsch oben am Küniglberg"
Wiens Turmbauer Heinz Neumann spricht über zu viele „Hochhäusln“ in der Stadt und findet die UNO sollte sich mehr auf Kriege als aufs Welterbe konzentrieren.

Heinz Neumann hat wie kein anderer die Skyline Wiens geprägt. Seine Projekte stehen in der Donau-City, am Donaukanal, in Wien-Mitte sowie am Haupt- und Westbahnhof; dennoch kritisiert er den Wildwuchs an Turm-Bauten quer über das Stadtgebiet. Mit seinen Büro-Partner Oliver Oszwald prangert er auch andere Fehlentwicklungen in der Stadtplanung an. 

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KURIER: Herr Neumann, auf Ihrer Homepage formulieren Sie den schönen Satz: „Der Architekt hat kein Credo zu verbreiten.“ Allerdings werfen Ihnen Stadtbildschützer und Hochhauskritiker genau das vor, zumal Sie sich in den vergangenen Jahren an prominenten Wiener Orten mit Türmen „verewigt“ haben.

Heinz Neumann: Ich glaube, dass das Hochhaus und das Einfamilienhaus nebeneinander Platz haben. Wer in einem Hochhaus leben will, soll dort leben; wer in einem Einfamilienhaus in der Peripherie wohnen möchte, soll dort sein Heim bauen.

Aber Sie verstehen die Emotionen, die bei Hochhausprojekten in der Nähe historisch gewachsener Stadtzentren mitschwingen?

Wir sind dem Hochhaus immer positiv gegenübergestanden, weil wir unserer Zeit voraus sind. Mittlerweile ist Hochhaus nichts Böses mehr, sondern eine Selbstverständlichkeit. 

Architekt Neumann: "Das ORF-Zentrum ist komplett falsch oben am Küniglberg"

Heinz Neumann li. mit Oliver Oszwald und Florian Rode.

Vor gut 20 Jahren wurden Sie für Ihr Projekt beim Bahnhof Wien-Mitte von namhaften Kollegen – Gustav Peichl und Roland Rainer an der Spitze – kritisiert. Sie fürchteten durch die vier Türme eine Entwertung der Innenstadt. Wie sehen Sie das im Nachhinein?

Beide waren dort zuvor auch in die Planungen involviert: Das Projekt von Peichl entsprach nicht der Bauordnung, jenes von Rainer war ein besonders schlechtes, obwohl ich ihn sonst sehr schätzte.

Nimmt man eine solche Kritik persönlich?

 Als Architekt muss man ein bissl eitel sein. Und soll die Kritik der Kollegen ernst nehmen. Um dadurch seine eigene Arbeit zu verbessern. 

Sie haben den beiden auch Kontra gegeben. Rainer sein ORF-Zentrum vorgeworfen, Peichl den Millennium-Tower. 

Das ORF-Zentrum ist noch immer komplett falsch oben am Küniglberg, diese Baumasse mit dem ganzen Verkehrsaufkommen gehört nicht in diese Einfamilienhausgegend. St. Marx wäre ein angemessener Platz für einen Neubau gewesen – aber die Politik hat leider anders entschieden. Und der Herr Peichl war immer ein Rad, das sich im Winde dreht. Beim Millennium-Tower muss man wissen, dass die Flächenwidmung damals 120 Meter erlaubt hat – und er, der alle Kollegen immer kritisiert hat, wenn etwas zu viel war, hat dort über 160 Meter gebaut. Da war es dann auf einmal in Ordnung.

Ist es nicht schade, dass solche Diskussionen über das Wiener Stadtbild nicht mehr so leidenschaftlich geführt werden wie noch vor einigen Jahrzehnten? Ist beim Wiener eine Wurstigkeit eingetreten?

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