Erst vergangene Woche sind in der Münchner Innenstadt bei einem Anschlag auf das NS-Dokuzentrum und das israelische Generalkonsulat mehrere Schüsse gefallen, der KURIER berichtete. Am Wochenende gab Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) darum eine Garantie für den Schutz jüdischen Lebens in Bayern ab.
All das wird wohl auch am Dienstag und Mittwoch im österreichischen Parlament Thema sein, denn da findet erstmals in Österreich eine internationale parlamentarische Antisemitismuskonferenz statt (siehe Infobox).
Jüdinnen und Juden werden nicht nur von Islamisten als Feinbild missbraucht. Auch rechts- und linksradikale Kräfte eskalieren in ihrer Wortwahl immer weiter. In einer Ende August ausgestrahlten Dokumentation, für die Reporterinnen des deutschen Senders RTL vier Monate lang, auch in Wien, innerhalb der rechtsextremen Identitären recherchierten, fielen mehr als schockierende Sätze wie: „Es waren keine sechs Millionen Juden. Es waren ja höchstens 175.000 vergaste Juden. Der Holocaust hat anders stattgefunden. Aber ich muss auch sagen, ich find’s geil, dass es stattgefunden hat.“
Wahlwerbende Liste
Eine wahlwerbende Partei ist ebenfalls auffällig. Die „Liste Gaza“, mit vielen Mitglieder aus dem linken Spektrum, tritt in sieben Bundesländern zur Nationalratswahl an (nur in Kärnten und Salzburg nicht). Offiziell treten sie für „Frieden, Neutralität und Gerechtigkeit“ ein, taucht man aber weiter in die Materie ein, offenbart sich ein anderes Bild. Kandidat Wilhelm Langthaler hat die Pro-Palästina-Demos mitorganisiert und ist schon mehrfach mit Aussagen gegen Israel aufgefallen – etwa mit Relativierungen zum Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober 2023. „Der Ausbruchsversuch der Palästinenser aus dem Freiluftgefängnis Gaza kann mit dem Ausbruchsversuch der Juden aus dem Warschauer Ghetto verglichen werden“, sagte er in einem Interview mit dem Profil.
Bei Berichten über steigenden Antisemitismus in Österreich im Nachklang der Anschläge handle es sich laut Langthaler hingegen um „Panikmache“. Diese wie auch andere Aussagen Langthalers werden von der Dokumentationsstelle Politischer Islam kritisiert.
Und das ist innerhalb der Liste Gaza keine Einzelmeinung. Es gibt Postings anderer Mitglieder, in denen Vergewaltigungen und Folter durch die Hamas geleugnet werden oder der Tod von Hamas-Terrorführers Ismael Haniyeh mit „May your soul rest in peace“ („Möge deine Seele in Frieden ruhen“) kommentiert wurden.
Nachdem sich eine Reinigungsfirma in der Stadt Salzburg geweigert hatte, der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) ein Angebot für einen Reinigungsauftrag zu machen, weil kein „Objekt von einem Terrorstaat, der Kinder und Zivilisten ermordet“ reinigen wollte, sprang die Liste Gaza dem Unternehmer zur Seite. „Israel als Terrorstaat zu bezeichnen, richtet sich gegen den Staat Israel, nicht gegen Juden und Jüdinnen als Kollektiv“, ließ man verlauten.
Zudem sei der Unternehmer, der sich selbst mittlerweile öffentlich entschuldigt hat, Opfer einer „medialen Hetzkampagne“ geworden. Mit dem Begriff „Politischer Islam“ habe man auch ein Problem, wie in dem kürzlich veröffentlichten Manifest zu lesen ist. Der Ausdruck müsse „ausgemerzt werden“. Für die Liste Gaza tritt übrigens auch die prominente Strafverteidigerin Astrid Wagner an.
Verbotsgesetz
Das Narrativ ist klar: Wer sich der Liste Gaza gegenüber kritisch äußert, setze sich für Apartheid, Vertreibung und Unterdrückung ein. Umgekehrt werde, wer sich mit dem palästinensischen Volk solidarisch zeige, „verunglimpft und verfolgt“. Man fordere darum unter anderem auch das Aus für „Meinungsfreiheit einschränkende Gesetze, wie Islamgesetz, Terrorparagrafen, Symbole-Gesetz“.
Dass sich die aufgeheizte Stimmung auch auf die Gesellschaft selbst überträgt, zeigt sich anhand von Zahlen: Laut Antisemitismusbericht der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) haben sich seit dem Angriff der Hamas auf Israel die antisemitischen Vorfälle verfünffacht. Vor dem 7. Oktober 2023 wurden im Schnitt 1,55 Vorfälle pro Tag gemeldet, danach stieg die Zahl auf 8,31.
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