Die Bewohner des Hauses mussten die skandierten Sprüche und das bedrohliche Szenario von ihren Fenstern aus mitverfolgen. Viele haben auch mitgefilmt. 91 Bewohner zählt die Flüchtlingsunterkunft im zehnten Bezirk derzeit, darunter auch viele Kinder. Einerseits Vertriebene aus der Ukraine, die eben erst dem Krieg in ihrer Heimat entkommen sind, andererseits auch Flüchtlinge vor Milizen, wie den Taliban.
„Unsere größte Herausforderung ist es nun, den Menschen in unserem Haus wieder Sicherheit zurückzugeben“, erklärt Pressesprecherin Maren Riebe im Gespräch mit dem KURIER, „die Menschen hier haben wirklich große Angst.“ Viele der Bewohner seien traumatisiert: „Der Angriff auf das Zuhause unserer Schützlinge hat tiefe Spuren hinterlassen. Die Bewohnerinnen sind verängstigt und werden an Traumata ihrer Flucht erinnert.“ So traue sich eine 13-Jährige gar nicht mehr aus ihrem Zimmer, die Kinder einer anderen Familie wollen vor lauter Angst nicht mehr in die Unterkunft zurück.
Das Ute-Bock-Haus sucht jetzt dringend Psychologen, die ehrenamtlich mithelfen, jenen die nötige psychologische Betreuung zukommen zu lassen, die sie brauchen. „Wir haben diese Ressourcen nicht im Haus“, so der Verein Flüchtlingsprojekt Ute Bock, „aber der psychologische Schaden, der angerichtet wurde, ist enorm.“ Um das finanziell zu bewältigen, hofft der Verein auch auf Unterstützung von Spenderinnen und Spendern. Die Bestürzung über den Vorfall sei groß, ebenso aber auch Anteilnahme und Unterstützung.
Im Haus wird derzeit beratschlagt, wie man mit der Situation weiter umgehe. Man sei in engem Austausch mit der Polizei; ob weitere Maßnahmen gesetzt werden, sei Thema von Besprechungen. Einen Sicherheitsdienst gibt es aktuell nicht, allerdings ist das Haus durchgehend versperrt und im Eingangsbereich mit Kameras gesichert.
Die Landespolizeidirektion Wien hat am Sonntag noch alle Informationen zur Aktion der rechtsextremen Gruppe beim Ute-Bock-Haus aufgenommen und einen Bericht an die Staatsanwaltschaft übermittelt und den Sachverhalt dort angezeigt. Diese habe zu entscheiden, ob ein strafrechtlicher Verstoß vorliegen könne und weiter ermittelt werde. Ob das in diesem Fall passieren wird, ist noch offen. Laut Nina Bussek, Leiterin der Medienstelle, sei die Anzeige noch nicht bei der Staatsanwaltschaft eingelangt.
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