Ärzte streiken vor Wiener Klinik: "Patientin todkrank, Ärztin todmüde"

Ärzte streiken vor Wiener Klinik: "Patientin todkrank, Ärztin todmüde"
"Es ist die Stunde, wo wir uns Gehör verschaffen" riefen die Mediziner der Klinik Ottakring beim Protest.

In der Zentralen Notaufnahme (ZNA) der Klinik Ottakring wurde heute, Freitag, ein einstündiger Warnstreik abgehalten. Ab 10.00 Uhr protestierte dort das medizinische Personal gegen die Arbeitsbedingungen. Vor der Einrichtung sowie auch vor dem Spital wurden Kundgebungen abgehalten. Auf Plakaten und in Reden wurde dabei auf die Anliegen verwiesen.

"Lieber Teilzeit als ganz weg", "Klinik Ottakring: Come In & Burn Out" oder "Patientin todkrank, Ärztin todmüde" lauteten einige der Slogans, die die Teilnehmer in die Kameras der zahlreich erschienenen Medienvertreter richteten. "Es ist die Stunde, wo wir uns Gehör verschaffen", hielt Severin Ehrengruber, einer der Sprecher des Streikkomitees, in seiner Rede fest.

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Dem Gesundheitspersonal reiche es, versicherte er. "Es kann nicht so weitergehen." Gefordert werden mindestens 20 Prozent mehr ärztliches Personal für die Abteilung oder auch eine "deutliche Anhebung" der ZNA-Zulage. Dass manche in der Politik meinten, man wolle nur mehr Geld und einen "gemütlichen Dienst", sei falsch. Man sei die letzte Abteilung, in der es gemütliche Dienste gebe, beteuerte der Streiksprecher.

Auch eine "faire Verteilung" der Rettungszufahrten auf alle Notaufnahmen Wiens, angepasst an den Personalstand und die tatsächlichen Bettenkapazitäten, wird urgiert. Nach Ottakring gebe es mehr Fahrten als in das Allgemeine Krankenhaus oder die Klinik Floridsdorf, wurde heute etwa beklagt.

Auch ein Personalvertreter aus dem Pflegebereich erklärte sich heute solidarisch. Er fordert etwa die umgehende Einführung der 32-Stunden-Woche.

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Stefan Ferenci, der geschäftsführender Vizepräsident und Obmann der Kurie angestellte Ärzte in der Wiener Ärztekammer, bedankte sich in seiner Wortmeldung bei den Aktivistinnen und Aktivisten. Vollzeit in der Notaufnahme zu arbeiten, sei derzeit eine "aktive Gesundheitsgefährdung", zeigte er sich überzeugt. Die präsentierten Forderungen bewertete er als "fast noch bescheiden." Ändere sich nichts, sei der Fortbestand der ZNA gefährdet.

Kritik an "politischem Missmanagement"

Kritisiert wurde heute nicht nur das "politische Missmanagement" des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ), sondern auch die Gewerkschaft. Der Streik, so stellte Ferenci klar, sei zu hundert Prozent rechtskonform. "Auch wenn es der Gewerkschaft nicht passt." Er zeigte sich auch in einer Aussendung enttäuscht darüber, dass die Gewerkschaft Younion an die Ärztinnen und Ärzte, die für bessere Arbeitsbedingungen kämpfen würden, "Anwürfe" richte.

Gewerkschaft unterstützt Streik nicht

Die Gewerkschaft hatte zuvor in einer Aussendung betont, dass man den "Alleingang der Wiener Ärztekammer" nicht unterstütze. Edgar Martin, der Vorsitzende der Younion-Hauptgruppe II hielt dazu fest: "Wir vertreten 120 Berufsgruppen im Wiener Gesundheitswesen, praktisch alle haben Probleme - zum Teil massiv. Wir suchen Lösungen für das gesamte Team Gesundheit und nicht nur für Einzelne."

Dies mache auch anders keinen Sinn, so Martin. Denn falls eine Gruppe "übermäßig Budget" für sich abziehe, würden alle anderen leiden. "Das kann so weit führen, dass das Gesamtsystem nicht mehr funktioniert." Es bauche ein Bündnis, das für eine ausgewogene Gesamtlösung eintrete.

Uneingeschränkt solidarisch zeigte sich hingegen die Wiener Opposition. Die Gesundheitssprecherin der Grünen Wien, Barbara Huemer, zeigte sich überzeugt, dass sich die handelnden Personen ihre Entscheidung nicht leicht gemacht haben: "Für die chronische Arbeitsüberlastung und personelle Unterbesetzung auf der Notaufnahme müssen endlich nachhaltige Lösungen her."

Wiens FPÖ-Obmann Dominik Nepp und der Gesundheitssprecher der Wiener Blauen, Wolfgang Seidl, sprachen von einem "Akt der Notwehr". Dieser sei eine Folge der katastrophalen Politik Hackers bzw. des "unfähigen roten Managements" des Wiener Gesundheitsverbundes.

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