Unerfreuliche Post haben 24 türkischstämmige Wiener in den vergangenen Wochen erhalten. Da sie die MA35 (Einwanderung und Staatsbürgerschaft) für illegale österreichisch-türkische Doppelstaatsbürger hält, haben sie die österreichische Staatsbürgerschaft verloren.
Es dürfte aber nicht bei 24 Betroffenen bleiben, das ist lediglich der Stand Anfang August. Insgesamt hat die MA35 gegen 450 Austrotürken sogenannte Feststellungsverfahren eingeleitet. Und erst 60 davon sind erledigt.
Basis für die Ermittlungen ist wie berichtet eine Liste der türkischen Wahlkommission, die 2018 online gestellt wurde. Auslandstürken konnten sich mit ihrer Hilfe informieren, ob sie bei der Präsidentenwahl in der Türkei wahlberechtigt waren – was ja nur türkischen Staatsbürgern vorbehalten ist.
Damit habe die Liste Beweiskraft, heißt es bei der Behörde. Zudem bestätigte der Verwaltungsgerichtshof im Vorjahr die Verwertbarkeit des Datenmaterials. Punkto Datenschutz ist also keine Anfechtung möglich.
„Viele Fragezeichen“
Anwalt Kazim Yilmaz, der rund ein Dutzend Personen vertritt, denen ebenfalls der Passentzug droht, stellt die Liste trotzdem infrage. Er brachte bereits in mehreren Fällen Beschwerde beim Landesverwaltungsgericht ein. Sollte dieses der MA35 recht geben, will sich Yilmaz an die Höchstgerichte wenden.
Die Ermittlungen der Behörde basieren „auf einer Internetabfrage mit vielen Fragezeichen“, meint der Jurist. So behaupte die MA35 zwar, dass es sich um eine offizielle Internetseite der Türkei handle – „von der Türkei wurde das aber nie bestätigt“. Zudem berufe sich die Magistratsabteilung auf „unüberprüfbare Beweise“, da besagte Internetliste längst nicht mehr abrufbar sei. Davon abgesehen hätte die Liste nicht dem türkischen Recht entsprochen – ihre Echtheit sei also nicht gesichert.
„Rechtsstaatlich bedenklich“, findet das Yilmaz, für dessen Klienten der Verlust des österreichischen Passes schwerwiegende Konsequenzen hätte. „Sie würden ihre Arbeit verlieren – zumindest bis sie einen Aufenthaltstitel erhalten.“
Es ist nicht das erste Mal, dass die MA35 gegen mutmaßliche österreichisch-türkische Doppelstaatsbürger ermittelt. 2017 und ’18 berief man sich dabei auf eine angebliche türkische Wählerevidenzliste, die die FPÖ Innenministerium und Bundesländern zugespielt hatte. Rund 18.500 Verdachtsfälle ließen sich allein in Wien daraus ableiten. Doch der Verfassungsgerichtshof sah in der FPÖ-Liste kein taugliches Beweismittel und beendete 2018 die Ermittlungen der Behörden. Bereits abgenommene Pässe mussten den Betroffenen zurückgegeben werden.
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