Sobotka: Kein Anstieg der Asylanträge aus der Türkei

Sobotka sprach Eröffnungsworte bei Migrations-Konferenz in Wien.
Laut einem Bericht des deutschen Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge suchten von Jänner bis Oktober 4437 Türken um Asyl in Deutschland an. In Österreich sieht Innenminister Sobotka "derzeit noch keinen" Anstieg.

Seit dem Putschversuch Mitte Juli geht die türkische Regierung mit besonderer Härte gegen die Opposition vor. Eine Entwicklung, die sich inzwischen auch in den Asylstatistiken in Österreich und Deutschland niederschlägt.

In Deutschland haben von Jänner bis Oktober 4.437 Türken einen Asylantrag gestellt. Das geht aus einem Bericht des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hervor, aus dem die Zeitungen der Funke Mediengruppe heute zitieren. Im Jahr zuvor kamen nur 1.767 Asylsuchende aus der Türkei, 2014 wurden 1.806 Anträge gestellt. Während in der ersten Jahreshälfte pro Monat nur rund 350 Asylsuchende aus der Türkei registriert wurden, waren es im August bereits 375, im September 446 und im Oktober dann 485.

Sobotka: Kein Anstieg an Asylanträgen

Im Gegensatz zu Deutschland gibt es nach Angaben von Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) in Österreich "derzeit noch keinen" Anstieg der Asylanträge aus der Türkei. Die dortigen Entwicklungen würden "von Tag zu Tag oft in unterschiedliche" Richtungen gehen deshalb sei man "gerüstet", erklärte Sobotka am Freitag in Brüssel.

Anfang November hat sich die bereits angespannte Situation in der Türkei durch die Festnahme hochrangiger kurdischer Oppositionspolitiker und -journalisten erneut verschärft. In Deutschland registrierte einem Medienbericht zufolge das System zur Erstverteilung besonders in den vergangenen Wochen eine stetige Zunahme.

Offizielle Zahlen aus Österreich liegen für diesen Zeitraum noch nicht vor. Die Anzahl der Asylanträge aus der Türkei in Österreich lag im Oktober bei 26 - ähnlich hoch wie im Jänner 2016. Einen Anstieg auf 46 Anträge verzeichnete die Statistik im Juli, im Monat des gescheiterten Putschversuchs. Die meisten Anträge im ersten Halbjahr wurden mit 44 bereits im März gestellt.

Im ersten Halbjahr 2016 registrierte das Innenministerium insgesamt 166 Asylanträge, wodurch die Türken erstmals seit Langem wieder zu den 15 stärksten Flüchtlingsgruppen zählten. 2014 waren es im gesamten Jahr 203 und im Jahr darauf 221 Anträge. Insgesamt kamen in den vergangenen Jahren also vergleichsweise wenig Asylanträge aus der Türkei. Das war nicht immer so. 2002 wurden 3.561 Asyl-Anträge verzeichnet, womit die Türken unter den stärksten Nationen lagen.

Im Interview mit Kurier.at warnte der Soziologe Kenan Güngör zuletzt vor der Gefahr eines Bürgerkriegs in der Türkei und einem möglichen "neuen Exodus nach Europa".

"Müssen damit rechnen, dass Zahlen weiter steigen"

Auch der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Deutschen Bundestag, Stephan Mayer (CSU), äußerte die Erwartung, dass die Entwicklung so weitergeht: "Wir müssen damit rechnen, dass die Zahl der Türken, die in Deutschland politisches Asyl suchen, noch weiter steigen wird", sagte er den Funke-Zeitungen.

"Wir lösen die Probleme in der Türkei aber nicht dadurch, dass wir alle regimekritischen Bürger einladen, bei uns Asyl zu beantragen", fügte Mayer hinzu. Diesen Gefallen dürfe Deutschland dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nicht tun. "Denn genau das will er doch: dass die Opposition verschwindet."

Abschiebungen in Deutschland

In den ersten zehn Monaten dieses Jahr haben die Bundesländer mehr Ausländer abgeschoben als im gesamten Jahr 2015. Wie das Bundesinnenministerium am Freitag auf Anfrage mitteilte, gab es von Anfang Januar bis Ende Oktober bundesweit 21 789 Abschiebungen. 2015 hatten 20 888 Menschen Deutschland auf diese Weise verlassen müssen.

Die meisten Abschiebungen erfolgten aus Nordrhein-Westfalen (4220), Baden-Württemberg (3099) und Bayern (2892). In diesen Bundesländern leben allerdings auch besonders viele Asylbewerber. Denn deren Verteilung richtet sich nach den Steuereinnahmen der Länder und ihrer Bevölkerungszahl.

Die Abgeschobenen kamen den Angaben zufolge dieses Jahr vorwiegend aus den Balkanstaaten. Die Albaner stellten mit 5343 die größte Gruppe unter den abgelehnten Asylbewerbern, die zwischen Anfang Januar und Ende Oktober gehen mussten. Aus dem Kosovo wurden 4338 Menschen abgeschoben.

Die Abschiebung auf den Westbalkan ist einfacher als bei anderen Herkunftsstaaten, da dort Reisepapiere akzeptiert werden, die Deutschland selbst ausstellen kann. Bei Menschen aus vielen anderen Staaten ist dies nicht der Fall. Was die Abschiebung außerdem erschwert, ist die Tatsache, dass Staaten wie Marokko und Algerien nicht erlauben, dass Deutschland abgelehnte Asylbewerber per Charterflug zurückschickt.

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