Die Kandidaten: Wer ist "papabile"?

Vor Ostern soll der neue Pontifex gekürt sein - ein Überblick über die aussichtsreichsten Anwärter.

Bleibt die katholische Kirche nach dem Rücktritt des Papstes auf ihrem streng konservativen Kurs oder bietet sich mit der Neuwahl eine Chance der Öffnung? Die jetzt wahlberechtigten Kardinäle wurden mehrheitlich von Johannes Paul II. und Benedikt XVI. ernannt und sind daher eher konservativ. Sie werden im März zum Konklave gerufen, um den neuen Bischof von Rom zu wählen. Entscheidend ist, ob sich wieder die Europäer durchsetzen oder ob ein Papst aus Südamerika, Afrika oder Asien gewählt wird. Dort hat die Kirche ganz andere Probleme als in Europa. Ein Papst aus diesen Regionen könnte einen neuen, offeneren Kirchenkurs bedeuten.

Das Wort Konklave (lat. con claudere, sich einschließen) wird fälschlich oft „mit dem Schlüssel“ (cum clave) übersetzt. Benedikt war in nur zwei Tagen gewählt worden, die durchschnittliche Dauer der acht Papst-Wahlen im 20. Jahrhundert betrug drei Tage. In dieser Zeit werden die Kardinäle abgeschirmt, sie dürfen keine Zeitung lesen, kein Internet oder Handy benützen. Sie sollen bei der Wahl nur vom Heiligen Geist beeinflusst sein. Hinter den Kulissen werden aber schon seit Jahren mögliche Papst-Kandidaten gehandelt, Intrigen gesponnen und Allianzen gebildet.

Wettquoten

Zu den Kandidaten zählt auch der 67-jährige österreichische Kardinal Christoph Schönborn, dessen Quote bei englischen Buchmachern bei 25 zu 1 liegt (siehe auch unten). Er hat Außenseiterchancen. Wahrscheinlicher ist, dass das erste Mal ein Nicht-Europäer die erforderliche Zweidrittelmehrheit erhält. Der charismatische nigerianische Kardinal Francis Arinze gilt jedenfalls als Papstmacher, wenn es um einen Afrikaner gehen sollte. Er selbst ist zu alt, beinahe 80, doch der Kardinal aus Ghana, Peter Turkson ist erst 64 Jahre, gilt als offen und modern.

Chancen werden auch dem Kanadier Marc Quellet, 69, nachgesagt. Als heißer Tipp gilt der erst 62-jährige Erzbischof von New York, Timothy Dolan. Sein Humor und sein Schwung haben in der Kurie Eindruck gemacht, Dolan ist konservativ, ein Liebkind von Benedikt und dem guten Essen nicht abgeneigt. Am Montag sagte er: „Ich bin so erstaunt wie der Rest von euch. Abgesehen von Gebeten weiß ich nicht, was ich tun soll. Ich warte auf Anweisungen.“

Aus Lateinamerika

Viele Gerüchte deuten auch darauf hin, dass sich ein Kandidat aus Lateinamerika im Konklave durchsetzen könnte. Immerhin leben dort 42 Prozent der weltweit 1,2 Milliarden Katholiken. Beste Chancen aus diesem Kreis hat der Erzbischof von São Paolo, Odilo Pedro Scherer. Er ist 63 Jahre alt, gilt als konservativ, würde in Europa aber sogar als gemäßigt durchgehen. Auch der in Rom agierende Bischof Joao Braz de Aviz ist mit 65 Jahren noch jung genug für das Amt. Er befürwortet die Hinwendung zu den Armen, wie sie die Befreiungstheologie anstrebt ohne aber extreme Positionen zu beziehen.

Als papabile gilt auch der von den Philippinen stammende 55-jährige Luis Tagle. Er ist ein Vertrauter Benedikts und wurde 2012 wie der Papstsekretär Georg Gänswein zum Kardinal ernannt. Wenn sich der mächtige Hongkonger Bischof John Tong Hon, 73, Gehör verschaffen kann, stehen auch die Chancen für einen Asiaten gar nicht so schlecht.

Nach der Ankündigung des Rücktritts von Papst Benedikt XVI. zum Monatsende wird bereits öffentlich über seinen möglichen Nachfolger diskutiert - italienische Medien räumen dabei dem Wiener Erzbischof Christoph Schönborn gute Chancen ein, Nachfolger Josef Ratzingers und damit der 266. Papst zu werden.

"Unter den Ausländern gibt es einen Kardinal, den viele für Benedikts Nachfolge als perfekt erachten: Es handelt sich um den Österreicher Schönborn, einen ehemaligen Schüler Ratzingers. Auch wenn Benedikt im Konklave nicht über seinen Nachfolger entscheiden kann, wird sein Einfluss - und das ist ein vollkommen neuer Aspekt - als entscheidend erweisen", kommentierte die römische Tageszeitung La Repubblica am Dienstag.

Auch die Mailänder Wirtschaftszeitung Sole 24 Ore betrachtete Schönborn als aussichtsreichen Anwärter auf den Stuhl Petri. "Unter den Europäern ist der starke Name jener des Wiener Erzbischofs Schönborn. Der Theologe und Schüler Ratzingers steht an der Spitze der innovativen und kämpferischen österreichischen Kirche, die Rom wegen seiner Beschlüsse bezüglich der Piusbrüder kritisiert hat", so Sole 24 Ore.

"Im Zeichen der Kontinuität mit dem Papst steht die Kandidatur von Kardinal Schönborn, einem äußerst gebildeten Schüler Ratzingers und Nachfahren einer alten Familie der böhmischen Aristokratie, der für das Konklave 2005 mit dem Zug nach Rom reiste und sich selber am Bahnhof den Koffer trug. (...) Schönborn, der schon damals zu den Papst-Kandidaten zählte, ist ein ausgewogener Reformator, der eine Spitzenposition im Kampf gegen Kindesmissbrauch eingenommen und sogar die alte Garde in der Kurie kritisiert hat", so die Mailänder Tageszeitung Corriere della Sera.

Auch das Turiner Blatt La Stampa räumte Schönborn beste Chancen ein. "Der nächste Pontifex könnte ein erprobter Ratzinger-Mann wie Schönborn sein, der zwar konservativ in der Kirchendoktrin ist, allerdings im Hinblick auf den Dialog mit den fortschrittlichsten Flügeln der österreichischen Kirche offen ist", so La Stampa.

Die Kandidaten: Wer ist "papabile"?
Die Kandidaten: Wer ist "papabile"?

War vielleicht doch Gottes Hand im Spiel? Gläubige und Atheisten rätseln nach dem angekündigten Rücktritt von Papst Benedikt XVI. über mögliche Zeichen von oben. Für den ersten Aufreger sorgt Fotograf Alessandro Di Meo am frühen Montagabend mit einem spektakulären Bild: Ein greller Blitz zuckt über den dunklen Himmel und schlägt in der Kuppel des Petersdoms ein - wenige Stunden nach Benedikts Rücktrittsankündigung.

Viele Bildjournalisten können es kaum glauben, verlangen einen Beweis, dass das Foto echt ist. Im Internet müssen sich Di Meos Kollegen von der italienischen Nachrichtenagentur ANSA viele kritische Fragen gefallen lassen. Aber sie beteuern: Das Bild ist echt! Aufgenommen um 17:56 Uhr.

Und es taucht ein weiteres Bild auf. Filippo Monteforte von der französischen Nachrichtenagentur AFP hielt den Moment auch mit seiner Kamera fest. Und sogar ein Video der BBC zeigt, wie der leuchtende Blitz einschlägt. In Zeitlupe wiederholt der Sender, wie das Licht zweimal kurz den Platz in gleißendes Licht taucht und dann verschwindet.

"Zeichen Gottes"

Kann das Zufall sein? Nutzer in den Sozialen Netzwerken wie Twitter und Facebook sprechen von "Zeichen Gottes" oder "Reaktion des Himmels" und führen weitere Merkwürdigkeiten an. Das Foto eines Cartoon-Kalenders macht die Runde. Das Bild ist auf den Sonntag - also den Vortag der Rücktrittsankündigung datiert. Es zeigt den Papst mit einem Lottoschein mit sechs Richtigen. In einer Sprechblase steht: "Heiliger Strohsack! Morgen kündige ich!". Keine spontane Aktion und alles echt, betont eine Sprecherin des herausgebenden Espresso Verlags. "Der Kalender ist schon am 31. August 2012 erschienen."

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