Zehn Jahre Costa Concordia: Was von dem Schiffsunglück übrig blieb
13. Jänner 2012: Das Kreuzfahrtschiff Costa Concordia mit mehr als 4.200 Menschen an Bord kentert vor der kleinen italienischen Insel Giglio. 32 Menschen sterben.
Für die rund 2.000 Bewohner der Insel Giglio im toskanischen Archipel ist die Erinnerung an die Unglücksnacht nach wie vor gegenwärtig. Genauso wie für den verurteilten Kapitän Francesco Schettino, der letztinstanzlich zu 16 Jahren Haft verurteilt wurde und im Gefängnis sitzt. Das könnte sich heuer jedoch ändern.
Ein Rückblick
Das Drama beginnt um 21.45 Uhr. Ein lauter Knall erschüttert die Costa Concordia auf der Fahrt vom Hafen Civitavecchia ins ligurische Savona. Der Kreuzfahrtriese mit seinen 290 Metern Länge und 4.229 Menschen an Bord rammt einen Felsen vor der Insel Giglio. Der Ruck schüttelt die Passagiere durch, die zum Großteil gerade beim Dinner im Speisesaal sitzen. Das Licht geht aus, die Costa Concordia neigt sich schnell zur Seite. Panik und Chaos bricht aus, als der Luxusliner um 80 Grad nach Steuerbord kippt. Doch über die Lautsprecher tönt die Nachricht, es handle sich lediglich um Probleme mit der Stromversorgung. Erst nach einer Stunde heulen die Schiffssirenen zur Evakuierung. Wegen der starken Schieflage können Rettungsboote nur mühsam ins Meer gelassen werden.
In der Dunkelheit herrscht Durcheinander, einige Menschen springen ins eiskalte Wasser. In jenem Teil des Schiffes, der unter Wasser liegt, bleiben mehrere Passagiere eingeschlossen. Gegen 1.00 Uhr sind noch einige hundert Menschen an Bord. Fünf Boote der Küstenwache eilen zu Hilfe. Rettungskräfte ziehen zahllose Schiffbrüchige aus dem Meer und bringen sie auf die Insel Giglio. Die Einwohner öffnen Schulen, Kindergärten, Kirchen und Privathäuser und versorgen die Menschen mit Decken, Mänteln und heißen Getränken.
An Bord befanden sich auch 77 Menschen aus Österreich, darunter der damalige Salzburger Bürgermeister Heinz Schaden. Alle überlebten das Unglück.
Nach dem Unglück gab es heftige Kritik an der Betreibergesellschaft Costa Crociere und an Kapitän Francesco Schettino. Das Schiff sei viel zu spät evakuiert worden, der Kapitän zu früh von Bord gegangen. Er habe Hunderte von Passagieren im Stich gelassen, hieß es.
Beschwerde beim EGMR eingelegt
Der Kapitän wurde 2017 letztinstanzlich zu 16 Jahren Haft verurteilt worden und sitzt im römischen Gefängnis Rebibbia seine Strafe ab. Doch heuer könnte sein Fall neu aufgerollt werden: 2018 reicht Schettino beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte Beschwerde gegen seine Haft ein. Der EGMR wird sich womöglich heuer mit dem Fall befassen.
Erst im Juli 2014 wurde das Wrack des Luxusliners im Rahmen einer spektakulären Abschleppaktion in die Hafenstadt Genua überstellt. Der in Mitleidenschaft gezogene Meeresboden vor Giglio wurde wiederhergestellt. Dafür musste die Costa-Concordia-Betreiberin 85 Millionen Euro ausgeben. Heute ist die Insel Giglio ein Urlaubsparadies wie vor der Katastrophe. Doch bei aller Heiterkeit ist die Erinnerung an die Unglücksnacht nicht auszulöschen.
Gedenkmesse geplant
Eine Messe zu Ehren der Toten ist am kommenden Donnerstag in der Kirche geplant, in der unzählige Schiffbrüchige in der Unglücksnacht Zuflucht gefunden hatten. Um 21.45 Uhr sollen auf der ganzen Insel die Sirenen heulen, gefolgt von einer Schweigeminute.
An der Gedenkmesse wird auch Sergio Ortelli, Bürgermeister der Insel, teilnehmen. Er hatte dieses Amt schon in der Unglücksnacht inne: "Es war fürchterlich, viele Überlebende waren verzweifelt, weil sie im Chaos ihre Angehörigen verloren hatten. Die Panik war enorm. So etwas kann man nie wieder vergessen. Für die Insel Giglio ist die Concordia-Tragödie eine Wunde, die nie heilen wird", erzählte der 66-Jährige.
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