Wie hoch die Explosionsgefahr gestrandeter Wale ist

Wie hoch die Explosionsgefahr gestrandeter Wale ist
In den vergangenen Tagen wurden mindestens acht tote Schnabelwale an die zypriotische Küste geschwemmt. Der KURIER sprach mit einer Expertin über das Phänomen der Wal-Explosionen.

Mindestens acht Schnabelwale sind in den vergangenen Tagen an der Nordwestküste der Mittelmeerinsel Zypern angeschwemmt worden. Zur Todesursache sei noch nichts bekannt, hieß es von der zuständigen Fischereibehörde der Mittelmeerinsel. "Wir sind uns noch nicht im Klaren, was geschehen ist", sagte der Sprecher der zypriotischen Fischerei- und Meeresforschungsbehörde.

Bei den Tieren handelte es sich um Cuvier-Schnabelwale (Ziphius cavirostris), die weltweit am weitesten verbreitete Art. Schnabelwale orientieren sich über Echoortung: Sie stoßen Klicklaute aus, deren Echos ihnen helfen, Beute oder auch Hindernisse auszumachen. Dieses Echosystem könne durch Sonar-Aktivitäten von Schiffen der Kriegsmarine oder die Schallwellen der schweren Beben in der Türkei gestört worden sein, vermutete der Sprecher. Auch eine Erkrankung sei denkbar.

Was, wenn sie explodieren?

Die gestrandeten Tiere wurden bereits obduziert, dürften in dieser Hinsicht also keine Gefahr mehr darstellen. „Obwohl es in Ausnahmefällen vorkommen kann, gilt festzuhalten, dass die meisten gestrandeten Wale nicht explodieren – dies scheint mehr ein Interessensphänomen der Öffentlichkeit zu sein“, sagt die Wildtierärztin und Wissenschafterin Katharina Seilern-Moy zum KURIER. Sie leistet bei Bedarf dem britischen Cetacean Strandings Investigation Programme (CSIP) Beistand – einem Projekt, das sich der Aufklärung von Strandungen großer Meerestiere annimmt. Die Zahl der Fälle explodierender Walkadaver hält sich tatsächlich in Grenzen – 13 Wal-Explosionen dokumentiert der Blog „theexplodingwhale.com“ seit den vergangenen 52 Jahren.

„Ob ein gestrandeter Wal explodiert oder nicht, liegt Großteils an der Art des Tieres sowie der Dicke und Konsistenz der Walspeckschicht“, sagt Seilern-Moy. Bei den Bartenwalen, die große Mengen an Wasser filtern und einen weiten Schlund aufweisen, trete dieses Phänomen kaum auf. Seilern-Moy: „Der interne Druck der durch von Bakterien produzierten Gasen entsteht kann hier zum Aufblähen des Körpers und gelegentlich zum Austritt einzelner Organteile führen. In der Regel besteht aber keine Explosionsgefahr.“

Anders verhalte es sich bei Zahnwalen, zu denen auch die Schnabelwale zählen: „Hier ist der Schlund enger und die Walspeckschicht weniger elastisch, wodurch Faulgase nicht so leicht austreten können. Tendenziell ist das Explosionsrisiko bei größeren Walen dieser Art, wie zum Beispiel dem Pottwal, höher, weswegen wir bei einer Obduktion darauf achten, den Druck durch einen vorsichtig gesetzten Stich in den Rücken abzulassen“, sagt sie. „In den Rücken aus dem Grund, da die Wirbelsäule zusätzlichen Schutz vor einer möglichen Explosion bietet.“

Vor allem führen die Teams, bestehend aus Biologen und Tierärzten Obduktionen durch, um mehr über die Todesursache sowie grundsätzlich mehr über die Tiere herauszufinden, „damit wir mehr Wissen darüber haben, wie wir die Meeressäuger in Zukunft besser schützen können“, sagt Seilern-Moy. Grundsätzlich sei festzuhalten, dass der Mensch für die Wale eine größere Gefahr darstelle als andersherum.

Wer am Strand einen Walkadaver findet, sei mit wenigen Metern Abstand vor einer – unwahrscheinlichen – Explosion geschützt und solle die örtlichen Behörden verständigen. „Nur bei einer mit Sprengstoff herbeigeführten Explosion ist wohl ein größerer Abstand zu empfehlen“, sagt Seilern-Moy. 1970 wurde etwa ein Wal im US-Staat Oregon mit einer halben Tonne Dynamit gesprengt - die Explosion verteilte Transtücke in einem großen Radius um den Strand und führte dazu, dass ein Auto zerstört wurde.

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