Waldbrände in Griechenland: Zwei weitere Leichen entdeckt

Waldbrände in Griechenland
Die Waldbrände im Nordosten Griechenlands forderten bisher 22 Todesopfer.

Angst, Beklemmung, gar eine Art Weltuntergangsstimmung - mit diesen Gefühlen sind am Dienstag viele Menschen in Griechenland aufgewacht. In weiten Teilen des Landes wurde die Sonne von dichtem Rauch verdeckt. Der Wind hatte ihn von den gewaltigen Waldbränden im Nationalpark Dadia hoch im Nordosten quer über das Land geschickt. In Dadia müssen sich allerdings noch weitaus schlimmere Dramen abgespielt haben als bislang bekannt: Dort stieß die Polizei am Dienstag Angaben zufolge in einer Hütte auf 18 verbrannte Leichen. „Da niemand vermisst wird, gehen wir davon aus, dass es sich um illegale Einwanderer handelt“, sagte Feuerwehrsprecher Giannis Artopoios dem griechischen Staatssender ERT.

Am Donnerstag sind nun zwei weitere Leichen geborgen worden. Wie der griechische Rundfunk ERT am Freitag unter Berufung auf die Polizei berichtete, wurden die sterblichen Überreste der Menschen zur gerichtsmedizinischen Untersuchung in die nahe gelegene Hafenstadt Alexandroupolis gebracht. Einer der Körper sei verbrannt, der andere habe womöglich schon länger in dem Waldgebiet gelegen - der Körper weise bereits Verwesungsspuren auf, hieß es. Es wird vermutet, dass es sich bei dem verbrannten Opfer ebenfalls um einen Migranten handelt.

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Bereits am Dienstagvormittag war eine Leiche gefunden worden

Der Fund der Leichen in der Nähe der Ortschaft Avas (auch: Avantas) bestätigte eine entsprechende Befürchtung der Feuerwehr, denn bereits am Dienstagvormittag war in den Wäldern die Leiche eines mutmaßlichen Migranten gefunden worden. Der Mann sei vermutlich an einer Rauchvergiftung gestorben, hieß es. Zusammen mit einem Schäfer, der bereits am Montag ums Leben gekommen war, weil er versucht hatte, seine Tiere in Sicherheit zu bringen, stieg die Zahl der Toten damit auf 20.

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Angesichts der Toten und der unzähligen Brände herrscht tiefe Betroffenheit im ganzen Land. Mindestens fünf Feuerfronten sind sehr groß und nicht unter Kontrolle. In den betroffenen Gebieten kämpften Feuerwehrleute und Anwohner bis zur Erschöpfung - in der stark betroffenen Hafenstadt Alexandroupolis nun schon den vierten Tag in Folge. „Das Ausmaß der Brände von Alexandroupolis übersteigt jeden Brandbekämpfungs-Mechanismus“, bilanzierte ein Feuerwehrsprecher gegenüber dem Sender Skai. Soll heißen: Es geht kaum noch darum, das Feuer unter Kontrolle zu bringen, sondern nur noch darum, Menschenleben zu retten.

„Menschenleben sind oberste Priorität“

Das ist auch die Maßgabe der Regierung: „Menschenleben sind oberste Priorität“, sagte am Dienstag Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis vor Journalisten. Erst dann folgten Besitztümer und Umwelt. Er verwies darauf, dass die schnellen Evakuierungen erfolgreich seien. Unzählige Ortschaften nahe aller großen Brände waren in den vergangenen Tagen vorsorglich evakuiert worden.

Die Migranten jedoch hatten vermutlich keine Chance. Sie seien den Angaben nach in einer Hütte in der Nähe der Ortschaft Avas (auch: Avantas) gefunden worden, eine Untersuchung wurde eingeleitet. Im Waldgebiet von Dadia verstecken sich immer wieder Migranten, die illegal aus der Türkei über den Grenzfluss Evros nach Griechenland eingereist sind. Von dort hoffen sie weiter nach Mitteleuropa zu gelangen. Wie viele Menschen sich dort noch aufhalten und gefährdet sein könnten, ist völlig unklar.

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Flammen am Montag in der Nähe von Prodromos, rund 100 Kilometer von der Hauptstadt Athen entfernt

Neben den Bränden von Dadia zeigten Fernsehbilder auch verzweifelte Menschen im nächtlichen Kampf gegen orange-leuchtende Feuerwände auf der Insel Euböa und weinende Anwohner, deren Häuser abgebrannt waren. In Alexandroupolis mussten rund 175 Menschen aus dem Universitätskrankenhaus in Sicherheit gebracht werden - ein Teil von ihnen auf eine Fähre, die später Richtung Kavala ablegte, der Rest in Krankenhäuser der Umgebung.

Rauchwolken über Athen

Tiefschwarze Rauchwolken hüllten auch die Hauptstadt Athen ein - dort brannte es am Dienstag in der rund 15 Kilometer entfernten Gemeinde Aspropyrgos. Diese Athener Vorstadt hat zwar kaum Vegetation, dafür aber große Müllhalden, Industriehallen und Berge von Autoreifen, die Feuer fingen. Gegenüber dem Staatssender ERT kritisierte der Bürgermeister der Gemeinde, dass der Ort für den Müll der Hauptstadt Athen herhalten müsse und die Situation auch wegen der Armut in Aspropyrgos extrem schwierig sei.

Später brach dann auch weiter nördlich von Athen ein Feuer aus, erneut wurde evakuiert. Viele Menschen lassen sich jedoch nicht vertreiben, sondern wollen beim Löschen helfen. „Wir liefern hier einen panhellenischen Kampf gegen die Flammen“, sagte ein Feuerwehrsprecher dem Sender Skai.

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Gleichzeitig herrscht Verbitterung über mutmaßliche Brandstifter. In sozialen Medien diskutieren die Menschen die Wahrscheinlichkeit, dass ausgerechnet bei den aktuell starken Winden so viele Feuer ausbrechen. Hinweise auf Brandstiftung gibt es viele, etwa die Tatsache, dass im Wald Dadia am Montag laut Feuerwehr binnen zwei Stunden zwölf Brandherde ausbrachen - in dieser Häufung ein Indiz für menschengemachte Feuer. Doch die Täter sind in den oft unzugänglichen Waldgebieten kaum zu schnappen.

Klimawandel ist Ursache für hohe Intensität der Brände

Auch der Klimawandel wird immer wieder als Ursache für die hohe Intensität der Brände genannt - von der griechischen Regierung ebenso wie von Forschern. In der sich aufheizenden Welt gebe es mehr Dürreperioden, sagte der Kieler Klimaforscher Mojib Latif am Dienstag dem Deutschlandfunk. Das führe zu mehr Bränden, die zunehmend außer Kontrolle gerieten. In diesem Ausmaß habe es das in der Vergangenheit nicht gegeben.

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International wurde derweil erneut Hilfe für Griechenland auf den Weg gebracht: „Zusätzlich zu zwei Löschflugzeugen aus Zypern und Feuerwehrleuten aus Rumänien sind fünf weitere Flugzeuge und ein Hubschrauber sowie zusätzliche Feuerwehrleute auf dem Weg“, kündigte der für Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic an. Die Hilfe komme aus Deutschland, Kroatien, Schweden und Tschechien.

Die weiteren Aussichten für die Entwicklung der Brände waren am Dienstag denkbar schlecht: Für fast ganz Griechenland warnte der Zivilschutz vor sehr hoher bis extrem hoher Waldbrandgefahr. Problematisch sind vor allem die starken Winde und mancherorts auch Sturmböen, die die Flammen vor sich her treiben und die Feuerfronten ausweiten. Sie machen die Löscharbeiten fast unmöglich und für die Löschhubschrauber und -flugzeuge zudem sehr gefährlich.

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