Mamba statt Tinder: Russen müssen in Zukunft anderswo daten

Mamba statt Tinder: Russen müssen in Zukunft anderswo daten
Nach dem Abzug vieler westlicher Firmen verlässt auch die populärste Dating-Plattform Russland - nach massiver Kritik

Aus McDonalds wurde "Vkusno i tochka" (in etwa: "schmackhaft und das ist alles"), aus Starbucks "Star Coffee": Nach mehr als einem Jahr Krieg in der Ukraine haben sich junge Russen wohl damit abgefunden, dass sie beim Hamburger-Essen, oder Cafe-Latte-schlürfen auf internationale Marken verzichten müssen. Demnächst müssen sie sich allerdings auch beim online-Dating neu orientieren.

"Tinder", die weltweit populärste Plattform für diese Aktivitäten, hat angekündigt, sich ebenfalls aus Russland zurückzuziehen. Bis Ende Juni soll die Dating-App von russischen Mobiltelefonen verschwunden sein. Auch in den westlichen App-Stores, soweit die in Russland noch funktionieren, werde Tinder nicht mehr zu finden sein. Wie lange allerdings bestehende Kunden in Russland sich weiterhin bei Tinder auf die Suche nach neuen Partnern machen können, hat das Unternehmen noch nicht bekannt gegeben.

Umstieg dauert 

"Ein Jahr, vielleicht eineinhalb", so lange werde es wohl dauern, bis sich alle an online-Dating interessierten in Russland aus Tinder verabschiedet haben, meint der Chef der führenden russischen Dating-Plattform "Mamba" gegenüber der russischen Nachrichtenagentur TASS. Offizielle Zahlen über russische Kunden gibt es von Tinder nicht. Der Mamba-Chef aber spricht von derzeit 30.000 Russen, die bei seiner Plattform einsteigen würden. Das dürfte sich nach seiner Schätzung bald auf mindestens 45.000 pro Tag steigern.

Nur mit ausländischer SIM-Karte

Auf Tinder bleiben werden vorerst wohl nur jene Kunden, die mit einer ausländischen SIM-Karte, oder einem über andere Länder laufenden Internet-Anschluss dort unterwegs sind. Doch während Tinder derzeit in Russland rund 25 Prozent des Marktes für online-Dating besetzt, sollten es danach rund nur zwei bis drei Prozent sein. Nicht nur Tinder, auch alle anderen Dating-Apps der Gesellschaft "Match Group", also etwa "Ok Cupid", werden in Russland nicht mehr verfügbar sein, da sich das ganze Unternehmen von dort verabschiedet.

Viel zu spät

 Kritik am Unternehmen kommt trotzdem von NGOs und Menschenrechtsorganisationen. Tinder und die Match Group hätten viel zu langsam reagiert. So sei etwa der wichtigste Konkurrent. die Dating-Plattform "Bumble" schon im Vorjahr, kurz nach Kriegsbeginn, aus Russland abgezogen. "Tinder ist wohl sehr schnell beim Daten, aber sehr langsam was moralisches Handeln anbelangt", meint ein Vertreter einer NGO gegenüber der BBC: "Was hat sich seit letztem Jahr verändert, dass Tinder jetzt aufwacht?"

App-Stores leer geräumt 

Noch funktionieren westliche App-Stores, also online-Bezugsquellen für mobile Apps in Russland grundsätzlich noch, aber immer weniger der bekannten Apps sind darauf in Russland zu finden. Das liegt unter anderem auch an den Sanktionen von russischer Seite. So wurden etwa "Facebook", "Twitter" und andere Social-Media-Plattformen stark eingeschränkt. Russland versucht seit Kriegsbeginn eigene App-Stores und natürlich auch russische Apps zu fördern und den heimischen Kunden näher zu bringen. So hat die russische Internet-Firma "VK", die auch als Russlands Facebook bezeichnet wird, im Vorjahr eine eigene App-Plattform gestartet. Der ausgesprochen nüchterne Name "Ru Store".

 

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