Löwin in Berlin: „Sind in heißer Phase, Tier wurde gesehen“
Die Menschen im Süden von Berlin wurden am Donnerstag in den frühen Morgenstunden von einer ungewöhnlichen Warnung überrascht: Die Polizei suchte nach einem entlaufenen Raubtier. Den Angaben zufolge soll es sich um eine Löwin handeln.
Diese soll am Donnerstagabend erneut gesichtet worden sein. „Wir sind gerade in einer heißen Phase, er wurde gerade gesehen“, sagte ein Polizist laut der deutschen "Bild". Allerdings gab es bis in den späten Abend nach wie vor kein Lebenszeichen des Tieres - mehr als 300 Polizisten sollen auf der Suche sein.
Eine weitere mögliche Sichtung gab es bereits am Nachmittag auf Berliner Stadtgebiet, nahe der südlichen Grenze zu Brandenburg. Aufgrund der Hinweise suchten Polizisten am Nachmittag in Zehlendorf im Bereich des Waldfriedhofs - doch die Spur führte in Leere. „Es fanden sich keine Hinweise oder Spuren, dass das Tier sich dort tatsächlich befunden hat“, teilte die Polizei auf Twitter mit.
Damit fehlte zunächst jede Spur von dem Tier. Weder Blut noch Kot oder Pfotenabdrücke deuteten auf seine Präsenz in der Region hin, wenngleich seit Donnerstagabend ein Kotfund von Experten analysiert wird. Mit einem Großaufgebot waren Polizei und Feuerwehr den ganzen Tag über im Einsatz. Mit Drohnen, Hubschraubern und Wärmebildkameras suchten sie nach dem Tier, unterstützt von Tierärzten und Jägern. Mehreren Medienberichten zufolge wird nun auch mit einem Panzerfahrzeug gesucht. Ein 15 Tonnen schwerer "Survivor" des Spezialeinsatzkommandos (SEK) fuhr gegen mittags in Stahnsdorf (Brandenburg) in den Wald, um bei der Suche nach dem Tier zu helfen. Über allem lag die Frage: Woher kommt die Löwin?
"Ernste Lage"
Aus den Zoos, Tierparks und Zirkussen dieser Region jedenfalls nicht, wie die Polizei in der Nacht herausfand. Dort vermisste niemand eine Großkatze. Private Halter seien in Kleinmachnow nicht bekannt, sagte Bürgermeister Michael Grubert bei einer Pressekonferenz. Er sprach von einer „ernsten Lage“.
Der ruhige Ort Kleinmachnow, der direkt an Berlin grenzt, wurde von der Suche kalt erwischt. Dort waren bereits in der Nacht auf Donnerstag Hubschrauber im Einsatz. In der Früh wirkte in der Gemeinde alles völlig normal. Von der Suche nach einem gefährlichen Raubtier war kaum etwas zu merken. Radfahrer waren unterwegs, Spaziergänger mit Hunden, Menschen auf dem Weg in die Arbeit oder zum Einkaufen. Auf Baustellen wurde gearbeitet.
Leben ging normal weiter
Die Gemeinde versuchte, das alltägliche Leben möglichst laufen zu lassen, ohne zu große Gefahren einzugehen. So ließ Kleinmachnow die Kindergärten offen, bat aber, dass die Kinder auf dem Gelände bleiben. Der Wochenmarkt wurde verkleinert. Ein Café im Zentrum sollte die Türen geschlossen halten. Das Leben ging normal weiter, viele Leute waren auch zu Fuß oder per Rad unterwegs. Was auf die Suche nach einer Löwin hindeutete, war die Polizei, die teils präsent war.
Wenn Raubkatzen frei herumstreunen, müssen schnell Maßnahmen ergriffen werden. In den vergangenen Jahren gingen solche Ausflüge in Deutschland relativ glimpflich aus:
- Juni 2018: Heftige Gewitter mit Starkregen setzen ein Zoogelände in der Eifel unter Wasser. Zwei Löwen, zwei Tiger und ein Jaguar seien in Lünebach ausgerissen, warnen die Behörden die Anwohner. Später findet man die Tiere in ihren Gehegen versteckt.
- Januar 2017: Über Tage entkommt ein Luchs aus dem Gelsenkirchener Zoo seinen Verfolgern in einem Wald, bis er schließlich betäubt wird. Er war über den zugefrorenen Wassergraben geflohen.
- September 2016: Ein Schneeleopard türmt aus seinem Gehege im Wuppertaler Zoo. Die Besucher werden in Sicherheit gebracht. Kurz darauf betäubt eine Tierärztin das Tier auf dem Zoogelände.
- Juli 2016: Ein Löwenpaar entkommt durch eine offene Gehegetür im Wildpark Johannismühle (Brandenburg). Nach zwei Stunden beendet eine Tierärztin mit einem Betäubungsgewehr den Ausflug.
Laut Einschätzungen von Experten aus Zoo und Tierpark in Berlin käme eine Löwin in den Sommermonaten durchaus in einem deutschen Wald zurecht. In einem ihr unbekannten Terrain könne davon ausgegangen werden, dass sie sich ins Unterholz zurückziehe und nicht aktiv den Kontakt zum Menschen suche, teilten die Einrichtungen mit. „Auch die Gefahr, dass ein Wildtier auf freier Fläche wie beispielsweise im Wald, Park oder Feld einen Menschen direkt angreift ist geringer, als wenn es sich in einem Wohngebiet in die Enge getrieben und bedroht fühlt.“
Noch ungeklärt ist das Schicksal des Tieres, sollte es gefunden werden. Eine Sprecherin des Landkreises Potsdam-Mittelmark sagte, es seien eine Tierärztin und zwei Jäger mit Waffen mit an Ort und Stelle. Wenn man das Tier finde, werde entschieden, ob man mit Betäubung arbeite oder es erschießen müsse. Kleinmachnows Bürgermeister setzte auf einfangen und wenn nötig betäuben.
Wenn ein Tier in freier Wildbahn gefangen werden sollte, werde Tele-Injektion mit einem Narkosegewehr eingesetzt, sagte May Hokan von der Umweltstiftung World Wide Fund For Nature (WWF). Das könnten am besten etwa Zootierärzte, die mit solchen Situationen auch unter Stress gut umgehen könnten.
Die Tierärztin schilderte mögliche Probleme: „Wenn man so einen Löwen trifft, fällt der nicht direkt um und schläft ein. Es gibt eine Stressphase, er hat diesen Pfeil im Hintern, wird erst mal losrennen und Radau machen.“ Dies dauere einige Minuten, auch abhängig von der Art des Narkosemittels. „Wir haben dann eine schwierige Phase, bevor das Tier einschläft und man sich dem Tier nähern kann.“ Theoretisch denkbar wäre auch ein Abschuss.
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