Streik in Frankreich: Proteste legen Paris lahm

Streik in Frankreich: Proteste legen Paris lahm
Erste Ausschreitungen beim Generalstreik in Frankreich. In Paris brennen die Mistkübel. Flüge und Züge fallen aus.

Ein Land steht still und bereitet sich auf heftige Unruhen vor. Für Paris-Touristen keine angenehme Situation. Am Donnerstag blieben der Eiffelturm und das Impressionisten-Museum d'Orsay mangels Personals geschlossen, auch die Bahnhöfe waren menschenleer, da 86 Prozent der Lokführer und 73 von 100 Schaffnern in den Streik getreten waren. Auch die Metro fuhr fast überhaupt nicht mehr. Die AUA musste ihren Frühflug nach Paris stornieren, und auch die Abendmaschine zurück nach Wien blieb am Boden. Auch die Bahnverbindungen von Wien über Deutschland nach Frankreich fielen aus.

Zahlreiche Gewerkschaften hatten im Konflikt um die geplante Rentenreform zu den branchenübergreifenden Streiks aufgerufen. Viele Lehrer und Krankenschwestern blieben zu Hause. Nur die Polizei machte Überstunden. Allein in Paris waren 6000 Sicherheitskräfte im Einsatz, weil man fürchtete, dass sich Randalierer unter die Demonstranten mischen könnten.

Bahnreisen

Die Arbeitsniederlegungen wirken sich nicht nur auf den Nahverkehr vor Ort aus. Die französische Bahngesellschaft SNCF strich am Donnerstag nach eigenen Angaben 90 Prozent der TGV-Schnellzüge, auch die Deutsche Bahn warnte ihre Kunden: "An den Streiktagen finden im Fernverkehr keine Zugfahrten von und nach Frankreich statt." Sie bat Reisende, sich entsprechend auch in den kommenden Tagen online über ihre Verbindungen zu informieren.

Fahrten bis einschließlich Mittwoch kommender Woche können nach Angaben der Bahn kostenfrei auf die gleiche Verbindung an einem anderen Reisetag umgebucht werden. Zudem können sich Kunden ihre Fahrkarten für Reisen nach Frankreich in diesem Zeitraum, die nicht mehr genutzt werden, erstatten lassen. Auch die SNCF-Verkaufsstellen in Frankreich buchen Verbindungen nach Deutschland nach Angaben der Bahn kostenlos um.

Flugreisen

Die Lufthansa konnte die Gesamtzahl der Flugausfälle am Donnerstag vorerst nicht beziffern, allein zwischen Frankfurt und Frankreich wurden demnach aber insgesamt 18 Flüge annulliert. Überflüge, zum Beispiel auf die Iberische Halbinsel, könnten "zwar verkehren, sich aber verspäten". Die Airline versuche, betroffene Kunden "aktiv anzusprechen". Die Lufthansa-Tochter AUA sagte am Vormittag zwei Flüge zwischen Wien und Paris ab, ein weiterer Flug war verspätet.

Flugreisende sollten sich aber in jedem Fall so früh wie möglich selbst informieren. Erster Ansprechpartner ist immer die Fluggesellschaft, bei Pauschalreisen ist es der Reiseveranstalter. Auch der jeweilige Flughafen bietet auf seiner Internetseite ausführliche Informationen über die aktuellen Abflug- und Ankunftszeiten. Bei Informationen aus dem Internet ist es sinnvoll, sich diese auszudrucken, um später einen Beleg zu haben.

Stornieren oder Umbuchen

Einen streikbedingt gestrichenen Flug kann der Kunde stornieren, er bekommt dann sein Geld zurück. Wer trotzdem fliegen will, hat Anspruch auf einen späteren Flug. Das kann aber dauern, bis der Streik vorbei ist - und auch länger, da ein Rückstau entstehen kann. Ist ein Ersatzflug erst am kommenden Tag oder später möglich, besteht Anspruch auf Übernachtung im Hotel inklusive Transfers.

Übernachtung Ja, Entschädigung Nein

Ab einer Verspätung von zwei bis vier Stunden je nach Flugstrecke haben Betroffene zusätzlich Anspruch auf Betreuungsleistungen wie Telefonate, Getränke und Mahlzeiten. Auch bei einer großen absehbaren Verspätung sollten Passagiere aber immer zur ursprünglichen Abflugzeit am Flughafen sein. Es besteht sonst die Gefahr, dass die Fluggesellschaft doch früher einen Ersatzflug anbieten kann - und Reisende ihn dann verpassen.

Zwar haben Passagiere laut EU-Verordnung bei Annullierung, Überbuchung oder Verspätung ab drei Stunden auch Anspruch auf eine Entschädigung von bis zu 600 Euro je nach Flugstrecke - aber nur, wenn kein "außergewöhnlicher" Umstand daran schuld ist. Als ebensolchen werten die Fluggesellschaften Streiks, eine Ausgleichszahlung gibt es daher nicht. Verbraucherschützer haben an dieser Sichtweise allerdings rechtliche Zweifel.

Autofahrten

Nach Angaben des deutschen Autofahrerclubs ADAC wird es "auf den Autobahnen und Straßen natürlich voller", zusätzlich muss in Frankreich lokal mit einzelnen Straßenblockaden und Wartezeiten gerechnet werden. Auf größere Behinderungen stelle sich der ADAC jedoch nicht ein, hieß es. Er riet Autofahrern aber nach Erfahrungen mit früheren Großkundgebungen in Frankreich, sicherheitshalber "einen großen Bogen um Menschenansammlungen und Demonstrationen zu machen"

Schutz für Marianne

Vor dem Triumphbogen wurde ein Räumpanzer in Stellung gebracht.

Bei den Gelbwesten-Krawallen im vorigen Dezember war die Fassade des Torbogens schwer beschädigt worden. Und das Schlimmste: Einer Skulptur der Marianne, Symbol der Französischen Revolution, wurde das halbe Gesicht weggeschlagen.

Das möchte man diesmal unter allen Umständen verhindern.

Doch bereits am Nachmittag kam es am Place de la République zu ersten Zusammenstößen mit der Polizei. Mehr als 9000 Menschen wurden kontrolliert, 31 festgenommen. Die Stimmung war mehr als angespannt. Auch in Nantes in Westfrankreich gab es hohes Gewaltpotenzial als schwarz gekleidete Vermummte Steine auf Polizisten warfen, diese reagierten mit Tränengas. Auch Mitglieder der "Gelbwesten" protestierten in allen Teilen des Landes.

Angestellte und Arbeiter im öffentlichen Sektor befürchten, die Reformpläne könnten zu mehr Arbeitsjahren und Pensionskürzungen führen. Derzeit gehen sie mit 62 Jahren oder früher in Pension. Ein Mitarbeiter der Opel-Mutter PSA, der in Rennes in Nordfrankreich demonstrierte, sagte für viele: "Niemand kann sich vorstellen, bis 70 zu arbeiten. "

Die Pariser Verkehrsbetriebe kündigten übrigens an, ihren Streik bis mindestens Montag fortzusetzen.

Die Angestellten der Privatwirtschaft beteiligen sich nicht an dem Streik. Viele sind aufs Fahrrad umgestiegen. Auf den Straßen in der Nähe des Élysée Palastes herrschte normaler Betrieb. Geschäfte und Restaurants waren geöffnet, doch manche Ladenbesitzer schlossen ihre Läden schon bei einbrechender Dunkelheit. Aus Angst vor weiteren Gewaltausbrüchen. Der Schock über die bürgerkriegsähnlichen Unruhen im Vorjahr, als viele Auslagen demoliert wurden, sitzt tief.

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