Ganz schön kurios: Wenn jeder Tag zum Feiertag wird

Kuriose Feiertage: Aktionstage
Einen Feiertag kann grundsätzlich jeder ins Leben rufen. Warum das nicht bedeutet, dass jeder Tag ein freier Tag ist und was Jogginghosen und schreiende TV-Moderatoren damit zu tun haben.

Haben Sie schon mal vom Internationalen Tag der Feststelltaste gehört? Oder vom Nimm-Deine-Katze-mit-zur-Arbeit-Tag? Falls nicht, wäre das kaum verwunderlich. 

Die wenigsten Menschen tippen am 28. Juni wohl sämtliche Nachrichten in Caps-Lock, und in kaum einem heimischen Büro tapsen am 17. Juni schnurrende Vierbeiner über die Schreibtische. Nichtsdestotrotz handelt es sich bei den beiden Daten um tatsächliche Feiertage.  

Feiertag ist nicht gleich Feiertag

Aber aufgepasst: All jene besonders Urlaubshungrigen, die sich die beiden Tage bereits rot im Kalender angestrichen haben, müssen an dieser Stelle enttäuscht werden. Denn nicht jeder Feiertag ist auch ein freier Tag. Lediglich gesetzliche Feiertage, also Feiertage, die durch Rechtsnormen als solche festgelegt werden, sind grundsätzlich auch arbeitsfreie Tage. 

In Österreich gibt es derer übrigens 13 – ein Spitzenwert. Nur die Slowakei (15), Malta, Spanien, Tschechien und Zypern (je 14) haben im europaweiten Vergleich mehr. 

  • Neujahr: 1. Jänner
  • Heilige Drei Könige: 6. Jänner
  • Ostermontag: 1. April 
  • Staatsfeiertag: 1. Mai
  • Christi Himmelfahrt: 9. Mai
  • Pfingstmontag: 20. Mai
  • Fronleichnam: 30. Mai
  • Mariä Himmelfahrt: 15. August
  • Nationalfeiertag: 26. Oktober
  • Allerheiligen: 1. November
  • Mariä Empfängnis: 8. Dezember
  • Christtag: 25. Dezember
  • Stephanitag: 26. Dezember

Jeder kann einen Feiertag ins Leben rufen

Der Internationale Tag der Feststelltaste und der Nimm-Deine-Katze-mit-zur-Arbeit-Tag zählen selbstverständlich nicht zu diesen gesetzlichen Feiertagen. Vielmehr können die Daten als Aktionstage verstanden werden, die oftmals von Werbetreibenden oder Privatpersonen ausgerufen werden. Derartige Tage existieren zuhauf, nicht selten fallen auf ein Datum im Kalender ein halbes Dutzend dieser kuriosen Feiertage – und ständig kommen neue hinzu. Sie alle zu sammeln und zu zählen, käme einer Sisyphusarbeit gleich. 

Sven Giese hat sich dieser Mühen dennoch angenommen, er ist Experte auf dem Gebiet. Seit 2012 betreibt der Deutsche in seiner Freizeit den Blog kuriose-feiertage.de, eine Art Kalender, der mittlerweile über 1.900 (kuriose) Feiertage abbildet.   

„Eine offizielle Stelle für die Schaffung eines kuriosen Feiertages existiert nicht, insofern gibt es auch keine Plattform oder Institution zum Eintragen solcher Anlässe. Im Prinzip kann also jeder einen eigenen Feiertag ins Leben rufen. Am Anfang steht natürlich – wie immer – eine gute Idee“, erzählt Giese im KURIER-Interview. Es sei allerdings ratsam, nicht gegen geltendes Recht oder Urheberrecht zu verstoßen und tunlichst davon abzusehen, sich mit dem Feiertag beleidigend gegenüber Dritten zu äußern, fügt er an. „Ansonsten sind der eigenen Kreativität und Fabulierlust keine Grenzen gesetzt“. 

Was Österreich und ein paar Jogginghosen damit zu tun haben

Grundsätzlich hänge der Erfolg eines kuriosen Feiertages vor allem mit seiner Verbreitung und Bekanntheit zusammen. „Soll heißen, wenn niemand davon weiß, dürfte sich ein solcher Aktionstag auch nicht wirklich durchsetzen. Man muss also schon selbst ein bisschen die Werbetrommel rühren und sich ein paar Mitstreiter suchen, die bei der Verbreitung helfen“, erklärt der Experte. "Inwieweit sich dies steuern lässt, überlasse ich an dieser Stelle der Vorstellungskraft des Lesers, manchmal unterliegen aber solche Ideen – gerade im Online-Bereich – einer kaum kalkulierbaren Eigendynamik. Ein Paradebeispiel für einen solchen Anlass ist etwa der Internationale Jogginghosentag am 21. Jänner". 

Dessen Ursprünge lassen sich tatsächlich in Österreich verorten. Eine Grazer Schulklasse entschied sich am 21. Jänner 2009 dazu, in Sporthosen zur Schule zu kommen. Die Aktion kam so gut an, dass man beschloss, daraus eine Tradition zu machen – der Internationale Jogginghosentag war geboren. Zwei Jahre später nahmen bereits über 600.000 Personen aus über 50 Ländern an der Veranstaltung auf Facebook teil.  

Feiertage waren der Urlaub der kleinen Leute 

Oftmals steckt hinter solch kuriosen Feiertagen aber deutlich mehr Kalkül. „Viele Feiertage wurden als Marketingaktion gestartet und verfolgen primär werbliche Zwecke. Das hat zu einer wahren Flut an Anlässen geführt, die meiner Meinung nach an vielen Stellen inzwischen zu zahlreich geworden sind und berechtigte Kritik hervorrufen“, gibt Sven Giese zu bedenken. „Wer nun aber darauf verweist, man solle sich doch auf die etablierten Anlässe beschränken, übersieht, dass der sehr volle Heiligenkalender der christlichen Kirche damit angefangen hat – und der bietet deutlich mehr als nur die Namenstage“. 

Wie es dazu gekommen ist, erklärte Florian Wegscheider vom Institut für Historische Theologie der Uni Wien bereits 2021 gegenüber dem KURIER. „Zuerst – in archaischen Kulturen – haben die Menschen nicht zwischen Alltag und Fest unterschieden. Alles war eins. Später – in den Hochkulturen – wurde Zeit absichtlich aus dem Alltag herausgenommen, um sich der eigenen Kultur bewusst zu werden.“ Feste sollten den Glauben versinnbildlichen – „also schmackhaft und spürbar machen“. Mit den Jahrhunderten kamen dann immer mehr christliche Feste hinzu, bis der Kalender fast gänzlich damit ausgefüllt war – Feiertage waren der Urlaub der kleinen Leute. Bis heute sind zehn der dreizehn gesetzlichen Feiertage in Österreich religiösen Ursprungs.

Von alten Ehepaaren und schreienden Moderatoren 

Wer sich trotz der Fülle an bereits existierenden Feiertagen nun dazu inspiriert fühlt, einen eigenen kuriosen Feiertag ins Leben zu rufen, dem sei folgendes Datum ans Herz gelegt: Am 26. März feiert man alljährlich den Make-Up-Your-Own-Holiday-Day, zu Deutsch: Erfinde-Deinen-eigenen-Feiertag-Tag. Dieser Tag geht auf das US-amerikanische Ehepaar Tom und Ruth Roy zurück, die mit ihren über 85 erfundenen Feiertagen wohl sowas wie die Superstars unter den kreativen Feiertagsenthusiasten sein dürften. Der Gib-Deinem-Computer-einen-Namen-Tag, der Geh-mit-Deiner-Zimmerpflanze-spazieren-Tag und der Internationale Tag der Frustrationsschreie sind nur ein paar Auszüge aus dem Lebenswerk des Ehepaares. 

Mit dem eingangs erwähnten Internationalen Tag der Feststelltaste haben die Roys ausnahmsweise aber nichts zu tun. Der International Caps Lock Day wird am 28. Juni gefeiert, weil es sich bei diesem Datum um den Todestag des US-amerikanischen Teleshopping-Moderators William Darrell „Billy“ Mays, Jr. handelt. Nach seinem Tod etablierte sich (vorrangig in den USA) der Begriff „Billy Mays Button“ als Synonym für die Feststelltaste, denn der Moderator schrie gerne während seiner TV-Auftritte. In diesem Sinne wünsche ich (bereits im Voraus) EINEN FROHEN FEIERTAG – irgendeiner ist ja immer.

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