Pro & Contra: Haben wir zu viele Feiertage?

Pro & Contra: Haben wir zu viele Feiertage?
Österreich zählt mit 13 gesetzlichen Feiertagen – acht davon aufgrund des Konkordats – zum EU-Spitzenfeld.
Sustala contra Streissler-Führer

Sustala.Streissler-Fuehrer

Lukas Sustala, Vizedirektor bei Agenda Austria

So ist das mit Anlassgesetzgebung. Wenn es schnell gehen muss, dann sieht man vor lauter Anlass das große Ganze kaum. Und tatsächlich wird vor allem um den freien Karfreitag gestritten, der jetzt doch kein halber, sondern maximal ein persönlicher Feiertag wird. So chaotisch die Präsentation und so unbefriedigend die Lösung für die evangelischen und altkatholischen Gläubigen auch ist, so sehr dürfte ein „persönlicher Feiertag“ das Gebot der Stunde sein. In einem Land mit immer mehr konfessionslosen oder andersgläubigen Menschen wirkt die Zahl christlicher Feiertage aus der Zeit gefallen, selbst wenn sich mittlerweile gestandene Gewerkschafter aufs Konkordat berufen.

Dass Österreich zu wenige freie Tage hätte, ist nicht das Problem. Österreich liegt im Spitzenfeld, mit 13 gesetzlichen Feiertagen und dazu noch mindestens 25 Urlaubstagen pro Jahr, je nach Kollektivvertrag auch mehr. Die Probleme der Karfreitagslösung sind und bleiben die offenen Fragen – und die großen, nicht angesprochenen Themen. Selbst wenn man das EuGH-Urteil zur Gleichstellung der Religionsgemeinschaften umsetzt, gibt es dennoch Privilegien. Das wissen alle Eltern mit schulpflichtigen Kindern, die mit ihrem Urlaubsplan angesichts der schulfreien Tage immer ins Straucheln kommen. Das wissen auch die Beamten und Mitarbeiter in Parteien, die am Karfreitag nur bis 12 Uhr oder gar nicht arbeiten müssen. Dazu hat der EuGH aber noch nichts gesagt.

Agnes Streissler-Führer, Ökonomin bei der GPA-djp

Ich gehöre zu den Glücklichen in diesem Land, die wirklich gerne arbeiten gehen und deren Job nicht körperlich erschöpfend, sondern erfüllend ist. Und dennoch gebe ich gerne zu: Ich mag auch meine Freizeit, ich mag Zeit für Hobbys, Familie, FreundInnen oder einfach für mich. Ein unzulässiger Wunsch, der Österreichs Wettbewerbsfähigkeit gefährdet? Echt jetzt? Wir leben in einer Welt hoher Beschleunigung, setzen immer mehr arbeitssparende Technologien ein, arbeiten immer mehr auch in unserer Freizeit. Und da soll nicht ein weiterer Feiertag möglich sein? Ich bin der festen Überzeugung, dass wir alle mehr Freizeit und Auszeiten brauchen, wenn wir nicht alle gemeinsam im kollektiven Burn-out gegen die Wand fahren wollen.

Es ist auch nicht so, dass die ÖsterreicherInnen so wenig arbeiten: Vollzeit Beschäftigte arbeiten übers Jahr 43 Stunden mehr als finnische und sogar mehr als 100 Stunden mehr als dänische ArbeitnehmerInnen. Und dann sollten wir selbstbewusst dazu stehen, dass es in Europa zur Lebensqualität dazugehört, dass es auch ein Leben neben der Arbeit gibt. Damit Beschäftigte ein faires Stück vom Kuchen der hohen Produktivität und der Unternehmenserfolge bekommen, gibt es zwei Möglichkeiten: Lohnzuwächse oder Arbeitszeitverkürzung. Ein Arbeitstag weniger ist so viel wert wie 0,45 Prozent Lohnerhöhung – aus meiner Sicht keine überbordende, sondern eine mehr als gerechtfertigte Forderung.

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