"David gegen Goliath": Jugendliche klagen 32 Regierungen fürs Klima
Was die sechs Jugendlichen André, Sofia, Catarina, Cláudia, Martim und Mariana aus Portugal im Alter von elf bis 24 versuchen, ist etwas völlig Neues. Und es wird nicht einfach werden: Sie wollen die Regierungen von 32 Staaten – darunter alle EU-Mitglieder – dazu zwingen, in Zukunft mehr für den Umweltschutz zu tun.
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Vor drei Jahren hat die Gruppe ihre Klimaklage eingereicht, am Mittwoch starteten die Verhandlungen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in Straßburg. Bekommen die jungen Kläger Recht, könnte der EGMR die Regierungen der EU-Staaten sowie der mitangeklagten Länder Norwegen, Russland, Türkei, Schweiz und Großbritannien auffordern, ihre Treibhausgasemissionen zu verringern und strengere Klimaziele zu beschließen und einzuhalten.
Anlass für die Klage waren die verheerenden Waldbrände in Portugal 2017. Mehr als 100 Menschen sind gestorben, riesige Waldgebiete wurden zerstört. "Da ist bei mir der Groschen gefallen. Ich habe gemerkt, wie dringend man handeln muss, um den Klimawandel zu stoppen", sagte die Klägerin Claudia (24) zur dpa.
Martim (20) warnte: "Ohne dringende Maßnahmen zur Reduzierung der Emissionen wird mein Wohnort bald zu einem unerträglichen Ofen werden." Und seine Schwester Mariana, mit elf die jüngste Klägerin, sagte bereits zu Beginn der Initiative – da war sie acht Jahre alt: "Ich habe große Angst davor, auf einem kranken Planeten leben zu müssen."
80 versus sechs Anwälte
Die Zahl der geklagten Länder ist ungewöhnlich hoch. Und so werden die 32 Regierungen von mehr als 80 Anwälten vertreten, während die Kläger nur sechs Anwälte haben. "Das ist wirklich ein Fall von David gegen Goliath", sagte wenige Tage vor der Anhörung Gearóid Ó Cuinn, Direktor des Global Legal Action Network, das die Portugiesen unterstützt.
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Wie die Chancen für die Kläger stehen, ist schwer zu sagen, da umweltrechtliche Fragen bisher keine große Rolle vor dem EGMR gespielt haben. Die Europäische Menschrechtskonvention gewährt aber grundsätzlich ein Recht auf saubere Umwelt.
Wenn auch nicht auf der Ebene wie jetzt, gibt es immer öfter Klimaklagen: Über 2.000 sollen es weltweit sein, ein Viertel zwischen 2020 und 2022. In Österreich wies der Verfassungsgerichtshof kürzlich eine Klimaklage von zwölf Jugendlichen aus formalen Gründen zurück.
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