„Kein Weihnachtsfriede“ an der französischen Streikfront

In Marseille kam es auch am Donnerstag eine Großdemonstration
"Lieber ein paar schwierige Wochen als Jahre mit einer Elendspension", trommeln die Gewerkschaften. Polizisten melden sich krank.

Für hunderttausende Pendler, allen voran im Pariser Großraum, haben die Qualen kein Ende. Der schon seit acht Tagen dauernde Bahn- und Metrostreik, der für endlose Verkehrsstaus auf den Pariser Zufahrtsstraßen und immer gefährlichere Massen-Gedränge auf Bahnsteigen sorgt, dürfte über die Feiertage anhalten.

„Wenn die Regierung nicht zur Vernunft kommt und ihre Rentenreform nicht zurückzieht, gibt es keinen Weihnachtsfrieden“, versicherte der Bahngewerkschafts-Boss Laurent Brun. Begründung: „Lieber ein paar schwierige Wochen als Jahre mit einer Elendspension.“

Brun ist sich seiner Sache sicher, weil jetzt auch die gemäßigteren Gewerkschaftsverbände (in Frankreich gibt es ein halbes Dutzend rivalisierender Gewerkschaftsbünde) mitstreiken und für Mega-Aufmärsche am Dienstag rüsten.

Vollpension ab 64 Jahren

Dabei hatte Premier Edouard Philippe am Mittwoch in einer Ansprache Zugeständnisse an die Reform-Kritiker aus den Reihen der moderateren Gewerkschaftsbünde gemacht. Diese fühlten sich trotzdem übergangen. Besonders erbost reagierten sie auf die Anhebung des Rentenalters für eine Vollpension von 62 auf 64 Jahre. 

Neben den Dauerstreiks bei Eisenbahn, städtischen Verkehrsmitteln und an Schulen kündigen sich weitere Ausstände an: etwa bei den (unselbstständigen) Fernfahrern und bei den  Medizinpraktiktanten, die durch ihre Arbeit etliche öffentliche Spitäler vor dem Zusammenbruch bewahren. 

Am Donnerstag verhinderten Hafenarbeiter in Marseille den gesamten Waren- und Passagierverkehr. Acht Raffinerien sind blockiert, in den E-Werken wird die Produktion hinuntergefahren.

Besonders bedrohlich für die Staatsführung ist die Unmutsbewegung unter Polizisten, die ebenfalls den Verlust ihrer Pensionsvorteile befürchten. Bereits 1.000 der insgesamt 13.000 CRS (Sondertruppen der Polizei), die gewalttätige Demonstranten in Schach halten sollen, haben sich aus Protest krank gemeldet.

Macron wieder beliebter

Die jüngsten Bemühungen der Regierung, die Rentenreform präziser und offensiver zu präsentieren, blieben aber nicht völlig wirkungslos. Laut Umfrage unterstützten zwar noch  59 Prozent der Befragten die Streiks, vor drei Tagen waren es aber noch 68 Prozent.

Die Zustimmung für Präsident Emmanuel Macron stieg von 25 auf 34 Prozent.
 

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