Britische Ärzte fordern Regierung auf, das Schlagen von Kindern zu verbieten

Britische Ärzte fordern Regierung auf, das Schlagen von Kindern zu verbieten
In England und Nordirland gibt es kein explizites Verbot, Kinder zu schlagen - laut einer britischen Ministerin ist es "Sache der Eltern, ihre Kinder zu disziplinieren". Auch in manchen EU-Ländern ist die Lage gleich.

"Ich sehe Kinder, die körperlich bestraft wurden – mit einer Ohrfeige, einem Schlag oder Werkzeugen“, wird der Kinderarzt Andrew Rowland im Guardian zitiert. Er habe auch schon Kinder gesehen, die mit Gürteln oder Laptop-Ladegeräten ausgepeitscht worden seien. In seinen Kliniken in Manchester habe er „manchmal einmal pro Woche“ ein Kind sitzen, das von den eigenen Eltern geschlagen worden sei: „Das darf nicht passieren.“

Britische Ärzte wie Rowland fordern, das Schlagen von Kindern in England und Nordirland künftig zu verbieten. Das Royal College of Paediatrics and Child Health (RCPCH) spricht von einem „längst überfälligen Schritt“ und angesichts der Tatsache, dass es in Wales und Schottland bereits seit 2022 bzw. 2020 entsprechende Gesetze gibt und England und Nordirland hier nicht nachziehen, von einem „Skandal“. 

"Gefährlich vage"

In Wales und Schottland ist jede Art von körperlicher Züchtigung, darunter Schläge, Ohrfeigen und das für Babys sehr gefährliche Schütteln illegal. In England und Nordirland erlauben 2004 bzw. 2006 erlassene Gesetze Eltern noch immer eine „angemessene Bestrafung“ ihrer Kinder. 

Rowland zufolge ist die gesetzliche Lage in ihrer jetzigen Form „ungerecht und gefährlich vage“. Sie schaffe eine Grauzone, in der körperliche Bestrafungen rechtmäßig sein können. 

Die Ärzte verlangen von der Regierung, das Gesetz noch vor der britischen Unterhauswahl, die voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte stattfindet, zu ändern. Und alle politischen Parteien sollten entsprechende Positionierungen in ihre Wahlprogramme aufnehmen, hieß es.

Viele mögliche Folgen 

"Ein Kind zu schlagen, kann schädliche und dauerhafte Folgen haben“, warnt auch eine Expertin der Kampagnengruppe „Schluss mit körperlicher Bestrafung“, Bess Herbert. Zahlreiche Studien beweisen demnach, dass Schläge bei Kindern neben körperlichen und  seelischen Schäden zu einer schlechteren kognitiven Entwicklung, einem höheren Schulabbruchsrisiko, mehr Aggression und Gewalttätigkeit sowie einem antisozialen Verhalten im Erwachsenenalter führen können. 

Die englische Kinderbeauftragte Rachel de Souza äußerte sich nicht endgültig zu diesem Thema. Auch die Chefsekretärin des Schatzamtes, Laura Trott, wurde als Vertreterin der Regierung vom Sender SkyNews zum Thema befragt. Sie sagte, jeglicher Missbrauch von Kindern sei „völlig inakzeptabel“, das lege das Kindergesetz auch fest. Aber: „Es ist Sache der Eltern, ihre Kinder zu disziplinieren.“

Wie sieht es in der EU aus?

Österreich hat 1989 ein absolutes Gewaltverbot in der Erziehung eingeführt. In der gesamten EU verbietet ein Gesetz die Prügelstrafe in der Schule. Ein ausdrückliches Verbot für Eltern, ihre Kinder zuhause zu schlagen, gibt es aber in manchen Ländern ebenfalls nicht - zum Beispiel in Tschechien und Belgien. 

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