Ein Promi, der keiner war: Mann stalkte Busfahrer über 60 Jahre
John Ray heißt fast genauso wie der berühmte US-Popmusiker Johnnie Ray, der in den 1950er Jahren erfolgreich war. Er ähnelt ihm auch optisch, ist aber ein stinknormaler Busfahrer in einer britischen Grafschaft.
Vor fast 60 Jahren ahnte der Busfahrer John Ray nichts, als er seinen Dienst antrat und einem vermeintlich gewöhnlichen Passagier ein Ticket verkaufte. Doch der Passagier - Kenneth Furnival - verwechselte Busfahrer-Ray mit Popmusiker-Ray und steigerte sich in ein obsessives "Fan-Verhalten".
Was folgte, waren fast 60 Jahre Stalker-Terror für die ganze Familie, berichtete der Telegraph.
Briefe, Geschenke und Beschattung
Vor Elvis Presley war Johnnie Ray einer der erfolgreichsten US-Popmusikers der 1950er Jahre gewesen. Mit Elvis' steigender Popularität verschwand Ray immer mehr von der Bildfläche. Dass er ausgerechnet als junger Busfahrer in einer Grafschaft im Nordwesten Englands unterwegs sein sollte, war jedenfalls die Vorstellung des Briten Kenneth Furnival.
Dieser glaubte, den berühmten Musiker 1964 im Bus getroffen zu haben. Furnival war selber noch ein Teenager zu dem Zeitpunkt. Er fand die Adresse des Busfahrers raus und begann die ganze Familie zu stalken, in dem Glauben, er sei im Kontakt mit seinem musikalischen Idol.
Wöchentlich schickte Furnival mehrere Briefe und Geschenke, in denen er ihn mit Johnnie Ray ansprach. Er machte ihm Komplimente und fragte nach einem bestimmten signierten Bild des Musikers. Dann verfolgte Furnival die Familie auch aktiv im Alltag und fotografierte sie heimlich bei Aktivitäten. In weiteren Briefen erklärt er seine Eifersucht gegenüber Rays Frau Jean.
Die Familie zeigte sich schockiert. Zunächst vernichtete Ray die Briefe des Unbekannten. Dann wendete er sich an die Polizei, aber diese unternahm nichts - die Ermittlungslage sei zu schwach; die Situation nicht bedrohlich.
Auch mit Beweismitteln unternahm die Polizei nichts
Hilflosigkeit, Angstzustände und Verzweiflung belasten die familiäre Situation über Jahrzehnte. Immer wieder versuchten sie, polizeiliche Unterstützung zu erhalten. Die Briefe wurden als Beweismittel vorgelegt, aber unternommen wurde nichts.
1979 bat man einen Anwalt um Hilfe. Dieser war erfolgreich und Furnival wurde wegen Missachtung eines Gerichtsbeschlusses inhaftiert. Kurzes Aufatmen in der Familie Ray - allerdings nur bis zur Freilassung von Furnival, der sofort mit seinen Stalking-Aktivitäten weitermacht.
Die Familie änderte den Namen, wechselte sogar das Zuhause und die Kinder wurden nie aus den Augen gelassen. Aber Furnival fand immer wieder Wege, die Familie mit Briefen zu terrorisieren und ihr Leben komplett einzuschränken - ohne, dass diese je wusste, wie ihr Verfolger aussah.
Zufall beendet Familienleid
1990 starb der echte Musiker Johnnie Ray. Es stellte sich Erleichterung ein. Doch die Beschattungen gingen auch danach weiter und erst 2023 beendete ein Zufall die schlimme Situation der Familie.
An jenem Tag streikte die britische Post, sodass Kenneth Furnival sich genötigt sah, seine Botschaft persönlich in den Briefkasten der Rays zu werfen. Was er nicht mitbekam: Er wurde von einer Überwachungskamera aufgezeichnet.
Ein weiterer "Fehler" Furnivals wahr, dass er auf einer Karte mit seinem richtigen Namen unterschrieben hatte. In der Karte hatte er der Familie mit einem Brandanschlag gedroht, wenn Ray ihm keine Autogramme von sich schicken würde.
Mit den Kameraaufzeichnungen, dem Namen und der Drohung wurde die Polizei aktiv. Sie durchsuchte Furnivals Wohnung und fand im Schlafzimmer ein Bild des Busfahrers hängen, das vor 35 Jahren aufgenommen wurde.
Furnival wurde festgenommen und vernommen. In seinen Erzählungen pries dieser sein großes Idol Johnnie Ray in den höchsten Tönen.
Furnival muss ins Gefängnis
Ärztliche Untersuchungen ergaben, dass der Angeklagte an einer geistigen und neurologischen Entwicklungsstörung leide und sehr leicht beeinflussbar sei.
Angesichts Furnivals Besessenheit von Ray und dessen Familie, die fast 60 Jahre andauerte, den Beschattungen, Drohungen und Belästigungen handelte der Richter - trotz psychischer Diagnose - streng.
Furnival muss für drei Jahre ins Gefängnis, für die Zeit danach verhängte das Gericht eine unbefristete einstweilige Verfügung mit einem absoluten Kontaktverbot. Die Familie kommentierte das Urteil nicht.
Kommentare