Greta Thunberg ist wütend - und die Wissenschaft gibt ihr recht
Greta Thunberg war wütend und emotional, als sie am Montag ihre Rede auf dem UN-Klimagipfel hielt. „Ihr habt mir meine Jugend gestohlen“, hatte die 16-jährigen Klimaaktivistin etwa gesagt. Und an die anwesenden Politiker gerichtet: „Wie könnt ihr es wagen?“
Medienberichte weltweit drehten sich um die außergewöhnliche Rede. Im Mittelpunkt standen dabei allerdings mehr Dramaturgie und Wortwahl der Schwedin, als ihre Argumente.
Schade eigentlich – denn der KURIER-Faktencheck zeigt, dass Thunbergs Rede den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen entspricht.
"Die Menschen leiden. Menschen sterben."
Laut einem Bericht des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) oder auch „Weltklimarat“ genannt, werden mehr als 350 Millionen Menschen bis 2050 in einem Szenario mit mittlerem Bevölkerungswachstum tödlicher Hitze ausgesetzt sein.
Darüber hinaus führte der Klimawandel laut UN Flüchtlingshilfe zu einer Verdopplung der Naturkatastrophen in den letzten 20 Jahren. Bei fast jeder Naturkatastrophe - seien es Erdrutsche, Überschwemmungen, Taifune oder Hurrikans - müssen die Menschen aus ihren Häusern fliehen, manchmal sogar über Landesgrenzen hinweg.
Beobachter sagen voraus, dass aus den genannten Gründen in den nächsten 50 Jahren zwischen 250 Millionen und einer Milliarde Menschen gezwungen sein werden, ihre Heimat zu verlassen. Pro Jahr ist also mit mindestens sechs Millionen Klimaflüchtlingen zu rechnen.
"Ganze Ökosysteme kollabieren. Wir stehen am Anfang eines Massenaussterbens."
Laut einer Studie der UN-Organisation Intergovernmental Science-Policy Platform On Biodiversity and Ecosystem Services (IPBES) schreitet das Artensterben drastisch voran. Von den geschätzt acht Millionen Tier- und Pflanzenarten weltweit sei rund eine Million vom Aussterben bedroht, heißt es in der Studie.
Und auch der Mensch kann sich der selbstgeschaffenen Bedrohung nicht entziehen. Nach Berechnungen des UN-Weltklimarats bleiben uns bei gleichbleibenden Emissionen nur mehr elf Jahre, bis der Ausstoß von Treibhausgasen unumkehrbare Kettenreaktionen auslösen wird, die jede menschliche Kontrolle übersteigen, denn die Fähigkeit der Natur, ausreichend Rohstoffe für die wachsende Bevölkerung zur Verfügung zu stellen, ist in jeder Region der Erde gefährdet.
"Seit mehr als 30 Jahren ist die Wissenschaft kristallklar."
Eigentlich ist der Klimaschutz als Thema seit 1979 präsent. Damals tagte in Genf die erste Weltklima-Konferenz mit unverbindlichen Zusagen, etwa minus 20 Prozent Treibhausgase bis 2005 (die nirgendwo eingehalten wurden). Seither folgten bis heute 24 weitere Weltklimakonferenzen.
"Die populäre Idee, unsere Emissionen in 10 Jahren zu halbieren, gibt uns nur eine 50 prozentige Chance, unter 1,5° (durchschnittliche Erderwärmung) zu bleiben, und das Risiko, irreversible Kettenreaktionen außerhalb der menschlichen Kontrolle auszulösen."
Die genannte Idee stammt von dem schwedischen Resilienzforscher Johan Rockström, wobei sie ursprünglich auf der Überlegung beruht, unter zwei Grad zu bleiben.
Der IPCC hält das nicht für ausreichend, um schwerwiegende Folgen der globalen Erwärmung auf Mensch und Umwelt zu verhindern. Beispielsweise wäre ein vollständiger Verlust aller Korallenriffe dann nicht verhinderbar.
"Um eine 67-prozentige Chance zu haben, unter einem globalen Temperaturanstieg von 1,5°C zu bleiben – die besten Quoten des Intergovernmental Panel on Climate Change – hatte die Welt 420 Gigatonnen Kohlendioxid übrig, die sie ab 1. Januar 2018 noch emittieren konnte. Heute sind es bereits weniger als 350 Gigatonnen."
In einem Sonderbericht des Weltklimarats IPCC wurde 2018 verdeutlicht, wie viel CO2 die Menschheit noch ausstoßen darf, wenn das 1,5 Grad- Klimaziel (mit 66 prozentiger Chance) eingehalten werden soll. Der Wert lag damals bei 420 Gigatonnen - das entspricht 1331 Tonnen pro Sekunde. Laut aktuellen Forschungsergebnissen soll sich dieser Wert nun aber bereits auf 350 Gigatonnen reduziert haben. Bei Beibehaltung des derzeitigen Tempos sei der Wert (das sogenannte CO2-Budget) laut Umweltschutzorganisation bereits in acht Jahren erreicht.
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