Zigfache Vergewaltigung: 20 Jahre Haft für Pelicot, 51 Schuldsprüche insgesamt
Im Missbrauchsprozess von Avignon ist der Hauptangeklagte Dominique Pelicot der schweren Vergewaltigung schuldig gesprochen und zu 20 Jahren Haft verurteilt worden. Er sei in allen Punkten der Anklage schuldig, befanden die Richter Donnerstagvormittag. Auch für alle weiteren 50 angeklagten Männer gab es Schuldsprüche.
Pelicot hatte seine mittlerweile geschiedene Frau Gisèle fast zehn Jahre lang immer wieder mit Medikamenten betäubt und im Internet zur Vergewaltigung angeboten.
Die Verlesung der Urteilssprüche gegen Pelicot und die weiteren 50 Angeklagten ging unter großem Medienandrang über die Bühne. Einen von ihnen sprach das Gericht lediglich wegen versuchter Vergewaltigung schuldig, zweien legte es sexuelle Gewalt zulasten. Alle anderen sprach das Gericht der schweren Vergewaltigung schuldig.
Die Staatsanwaltschaft hatte bis zu 18 Jahre Gefängnis für sie gefordert. Nebenklageanwalt Antoine Camus sagte: "Jeder hat in seinem Maß, auf seinem Niveau zu dieser Monstrosität, zu diesem Martyrium dieser Frau beigetragen." Zum Tatzeitpunkt sollen die Männer zwischen 21 und 68 Jahren alt gewesen sein. Dominique Pelicot suchte den Kontakt zu ihnen auf einer Online-Plattform.
Die Taten hielt er auf Hunderten Videos und Fotos fest. Die Ermittler gehen davon aus, dass ein Dutzend weitere Männer sich an der Frau vergingen. Sie konnten allerdings nicht identifiziert werden.
Gisèle Pelicot: Verfahren als "schwere Prüfung"
"Ich respektiere das Gericht und das Urteil, das es gefällt hat", sagte Gisèle Pelicot in einer Reaktion auf den Prozessausgang. Das Verfahren sei eine "sehr schwere Prüfung" gewesen. Sie sprach von "tiefer Emotion", die sie im Prozess begleitet habe. Dennoch habe sie die "Entscheidung das Verfahren öffentlich zu machen, niemals bereut", so die ebenfalls 72-jährige Ex-Frau des Hauptangeklagten. Sie bedankte sich zudem bei allen Unterstützern der vergangenen Wochen.
"Danke, Gisèle! Danke, Gisèle!" skandierten zahlreiche Menschen, als diese nach der Urteilsverkündung das Gericht verließ. Sie denke in erster Linie an ihre Kinder und Enkel und sei "sehr mitgenommen", sagte Pelicot gegenüber den Medien. Dennoch habe sie die "Entscheidung, das Verfahren öffentlich zu machen, niemals bereut", so die ebenfalls 72-Jährige. Sie habe ganz bewusst für einen öffentlichen Prozess gekämpft, "damit die Gesellschaft die Debatten aufnimmt, die dort geführt werden".
Pelicot an "unbekannte Opfer": "Führen den gleichen Kampf"
Gisèle Pelicot bedankte sich auch bei allen Unterstützern der vergangenen Wochen. "Sie haben mir die Kraft gegeben, jeden Tag vor Gericht zu erscheinen."
Außerdem richtete sie sich vor Medienvertretern an Betroffene von sexualisierter Gewalt auf der ganzen Welt. "Ich denke an die Opfer, die nicht bekannt sind, und deren Geschichten oft im Dunkeln bleiben", sagte die 72-Jährige. "Sie sollen wissen, dass wir den gleichen Kampf führen."
Ehefrau über zehn Jahre hinweg missbraucht
Dominique Pelicot hat seine damalige Frau Gisèle über fast zehn Jahre hinweg immer wieder mit Medikamenten betäubt, sich an ihr vergangen und sie Dutzenden Fremden zur Vergewaltigung angeboten. Das hat er im Prozess gestanden. In dem Verfahren standen insgesamt 51 Männer vor Gericht. Gisèle Pelicot geht davon aus, etwa 200 Mal vergewaltigt worden zu sein.
Legt Dominique Pelicot Berufung ein?
Darüber hinaus wurde Dominique Pelicot im Zusammenhang mit der heimlichen Aufnahme von Fotos und Videos seiner damaligen Frau, seiner Tochter und Schwiegertöchter schuldig gesprochen. Am Ende seiner Haftzeit soll über eine mögliche Sicherungsverwahrung entschieden werden, hieß es.
Seine Anwältin, Béatrice Zavarro, sagte nach der Verkündung, ihr Mandant habe das Urteil zur Kenntnis genommen. Ob er in Berufung gehe, sei noch nicht entschieden.
Kein einziger Freispruch
Insgesamt 47 der 50 Mitangeklagten wurden – wie Pelicot – ebenfalls der schweren Vergewaltigung schuldig gesprochen. Zwei Männern legte das Gericht sexuelle Gewalt zur Last, einem versuchte Vergewaltigung. Das Gericht verhängte Haftstrafen zwischen drei und 15 Jahren. Keiner der 50 Männer wurde freigesprochen, ein Teil muss direkt ins Gefängnis.
Mitangeklagte gaben sich teils nichtsahnend
Während Dominique Pelicot seine Taten von Beginn an gestanden hatte, hatten die Anwälte der Mitangeklagten ihre Mandanten mit teils haarsträubenden Argumenten verteidigt. Viele der Männer erklärten, sie seien überzeugt gewesen, sich an einem "Sexspiel eines freizügigen Paares" beteiligt zu haben.
Keiner der Mitangeklagten hatte ein Problem damit gehabt, dass die während der Taten mitunter sogar schnarchende Gisèle Pelicot offensichtlich nicht in der Lage war, ihre Zustimmung zu geben. Sogar der Erklärungsversuch, dass die Anwesenheit ihres Ehemannes ausreichend gewesen sei, um ihre Zustimmung vorauszusetzen, wurde vorgebracht.
Zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen
180 Journalistinnen und Journalisten hatten sich für das Prozess-Finale am Donnerstag in Avignon angemeldet, darunter 86 Medienvertreter aus dem Ausland. Die Gerichtsentscheidung rund um den Missbrauch an Gisèle Pelicot fand nach 14 Verhandlungswochen statt.
Innerhalb des Gerichts wurden vier Übertragungssäle eingerichtet worden, von wo aus die Urteilssprüche im Verhandlungssaal verfolgt werden konnten. Die Polizeipräsenz wurde mit einer zusätzlichen Sicherheitskompanie erheblich verstärkt. Im Bereich des Gerichts wurden Absperrungen vorgenommen.
Öffentliches Verfahren, "damit die Scham die Seite wechselt"
Das seit September laufende Mammutverfahren hatte Frankreich aufgerüttelt und weltweit für Aufsehen gesorgt. Die 72-jährige Ex-Frau des Hauptangeklagten hatte sich für ein öffentliches Verfahren eingesetzt, "damit die Scham die Seite wechselt".
Reaktion von Frauenorganisation
"Vergewaltigungen betreffen Frauen in der ganzen Welt, deshalb schaut auch die ganze Welt auf das, was hier passiert", sagte Ghislaine Sainte Catherine von der feministischen Vereinigung Les Amazones d'Avignon in einer ersten Reaktion auf die Urteile.
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