Gestrandet in der Atacama: Wir wollen nicht gerettet werden

Michael und Christine Kurz
Die "Kurzzeitnomaden" Michael und Christine Kurz warten in Chile auf das Ende der Ausgangsbeschränkungen. Sie wollen nicht nach Hause, sondern weiterreisen.

In unserer Serie "E-Mail aus..." berichten Österreicherinnen und Österreicher aus aller Welt davon, wie sie die Corona-Krise wahrnehmen.

Der Coronavirus beeinträchtigt uns, infiziert sind wir zum Glück nicht. Mit einem Reisevirus sind wir hingegen schon lange angesteckt. Wir, Michael und Christine Kurz, bereisen als „Kurzzeitnomaden“ die Welt. Diesmal fahren wir mit eigenem Fahrzeug den amerikanischen Kontinent ab, vom Süden bis in den Norden – soweit der Plan. Die Pandemie konnten wir natürlich nicht vorhersehen.

Wir sind aktuell in Chile, in der Atacama, und können für unbestimmte Zeit das Land nicht in Richtung Peru verlassen. Hilfreiche Information durch lokale Medien oder durch das Internet gibt es nicht.

Keine Flüge mehr

Einheimische begegnen uns Europäern plötzlich mit mehr Misstrauen, weichen uns aus. Noch können wir uns frei bewegen. Ausgangssperren sind aber realistisch, da Präsident Sebastián Piñera den Ausnahmezustand ausgerufen hat.

Teilweise kursieren unter Reisenden Gerüchte, dass ganze Regionen abgeriegelt werden sollen – speziell Metropolen wie Santiago de Chile. Mittlerweile haben viele Touristen Südamerika verlassen. Andere hatten weniger Glück und hängen irgendwo fest.

Gestrandet in der Atacama: Wir wollen nicht gerettet werden

Besuch im Pantanal (Brasilien)

Mit einem Fahrzeug ist es schwierig, Chile zu verlassen. Wir müssten ein paar Tausend Kilometer von Chiles Pazifikküste nach Argentinien oder Uruguay fahren, an die Atlantikküste. Dort müssten wir  das Auto für ein paar Tausend Euro nach Europa verschiffen und mit viel Glück noch einen Economy Flug ergattern. Für uns ist es sowieso zu spät. Es gibt bis auf weiteres keine Flüge mehr.

Unsere bisherige Reise

Unsere Reise startete im August 2019 in Uruguay, wo wir unser Auto in Montevideo nach einem Monat Schiffstransport aus Hamburg entgegen nahmen. Da auf der Südhalbkugel gerade Winter war, fuhren wir zunächst über Argentinien nach Brasilien ins sogenannte Pantanal (bedeutet "Sumpf"). Das Klima änderte sich schlagartig auf tropische 40 Grad Celsius. Die Tierwelt ebenso: Kaimane, Anakondas, Piranhas, Jaguare und vor allem Millionen Moskitos waren tägliche Begleiter. Unser nächstes großes Ziel war das Feuerland.

Entlang der Atlantikküste ging es südwärts an zahlreichen Stationen mit Pinguinen, Seelöwen, Delfinen und Walen in die Touristen-Stadt Ushuaia. Danach fuhren wir bis jetzt immer nur nordwärts. Wir wanderten durch zahlreiche Nationalparks, abwechselnd in Chile und Argentinien.

Gestrandet in der Atacama: Wir wollen nicht gerettet werden

Sierra de las Quijadas (Argentinien)

Da in Santiago de Chile immer noch Proteste stattfanden, haben wir einen großen Bogen um diese Großstadt gemacht. Einige tausend Kilometer nördlich landeten wir dann in Chile in der Atacama. Berühmt als eine der trockensten Gegenden auf der Welt, die wegen ihres klaren Himmels als Anlaufpunkt für Sternenbeobachtungen dient.

Mittlerweile kontaktierten uns zunehmend Freunde und Verwandte wegen des Coronavirus und der damit einhergehenden Sanktionen. Wir dachten anfangs: Das ist ja so weit weg in Europa, was soll uns das aktuell kümmern?

Deshalb fuhren wir Mitte März nach Bolivien. An der Grenze zwischen Chile und Bolivien, auf 4.400 Metern angekommen, erfuhren wir, dass Chile am 18. März die Grenze dicht macht. Was tun? Wir änderten unsere Route, begaben uns zurück nach Chile.

Gestrandet in der Atacama: Wir wollen nicht gerettet werden

Laguna Blanca (Bolivien)

Gestrandet...

Hier sind wir aktuell – gestrandet in der Atacama. Es gibt schlechtere Orte, vielleicht auch bessere. Wir wissen es nicht. Wir wissen nur eins: Wir sollen möglichst Abstand halten zu anderen. Das gelingt inmitten einer Wüste relativ gut.

Wie geht es weiter?

Eine Heimreise nach Österreich kommt für uns aktuell auf keinen Fall infrage. Denn unser Auto ist unser Zuhause. #StayHome wird bei uns als #StayOutdoor praktiziert. Den Kopf in den Sand stecken ist nicht unser Naturell. Unser Ziel ist der Weg. Wir harren aus, bis die Grenzen wieder offen und die Ausgangssperren aufgehoben sind.

Wir wollen einfach das Beste aus der Situation machen. Irgendwann wird sich alles wieder halbwegs normalisieren. Wir haben zwar relativ wenig Geld für unsere Reisekasse, aber dafür massig Zeit. Unser Offroad-Camper ist zum Bereisen der Welt konzipiert, und gemeinsam warten wie wir ab, bis es endlich weiter geht.

Covid-19 ist für uns wie ein negativer Reisevirus, der unserer Bestimmung, unterwegs zu sein, entgegenwirkt.

von Michael und Christine Kurz, www.kurzzeitnomaden.com

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