Frischer Zauber für die Pariser Prachtstraße Champs-Élysées
Der in die Jahre gekommene, vom Verkehr verstopfte Boulevard soll erneuert, behübscht und vor allem begrünt werden. Nicht alle Hauptstädter freut das.
22.05.22, 19:00
Aus Paris Simone Weiler
Für die einen ist sie „die schönste Avenue der Welt“ – nämlich überwiegend für Menschen, die nicht aus Frankreich stammen, von Paris als romantischer Weltstadt und einem Besuch auf den Champs-Élysées träumen. Den Bewohnern der französischen Hauptstadt selbst gilt sie jedoch als viel befahrene, stressige Verkehrsachse, die sie lieber meiden. Rund 300.000 Menschen tummeln sich in Normalzeiten jeden Tag auf den Champs-Élysées. Doch einer Studie zufolge kommen gerade einmal fünf Prozent der Besucher aus Paris oder dem näheren Umkreis.
Das wollen die Stadt und das „Komitee der Champs-Élysées“, dessen 180 Mitglieder Geschäftstreibende der Straße sind, ändern. Nun stellten sie ihre Pläne für Renovierungsarbeiten vor. Demnach soll die knapp zwei Kilometer lange Avenue noch deutlich mehr begrünt werden, auch, um für heiße Sommertage „Frische-Inseln“ zu schaffen.
Zwar ist die Straße inzwischen an einem Sonntag pro Monat für den Autoverkehr gesperrt, doch wird der Raum für Fußgänger noch erweitert und jener der Autos und Busse verringert. Auch bei dem riesigen Verkehrskreisel am Charles-de-Gaulle-Platz um den Triumphbogen werden Fahrspuren verringert.
Das Projekt, die Champs-Élysées „wieder zu verzaubern“, wie es heißt, kostet insgesamt 30 Millionen Euro und verläuft in zwei Etappen. Bis zum Jahr 2024, wenn Frankreichs Hauptstadt die Olympischen und Paralympischen Spiele ausrichtet, werden Gehsteige, Bänke und Café-Terrassen renoviert, Bäume gepflanzt, Fahrradwege sollen kommen.
Bis 2030 ist dann eine umfangreichere Umgestaltung geplant, die angrenzende Straßen und den Zugang zum Tuilerien-Park mit einschließt.
Auch das Geschäftsangebot soll sich ändern: Handelt es sich bisher fast ausschließlich um große, oft internationale Marken, die sich in der überaus teuren Straße angesiedelt haben, bekommt „französische Handwerkskunst“ wieder mehr Raum. Insgesamt, so steht es im Projektentwurf des Büros PCA-Stream des Architekten Philippe Chiambaretta, entstehe eine „Vitrine des ökologischen, digitalen und technologischen Wandels“.
Open-Air-Feste
Es wird kulturelle Open-Air-Veranstaltungen geben und neue Spielplätze. Bisher ziehen die Champs-Élysées nur bei ganz bestimmten Ereignissen auch die Pariser an: bei der Militärparade am Nationalfeiertag, dem 14. Juli, bei der Ankunft der Fahrer der Tour de France, zu Weihnachten und in der Silvesternacht.
Das Projekt entspricht ganz der Politik der Bürgermeisterin Anne Hidalgo, die sich wieder komplett auf ihre Stadt konzentriert, seit sie bei der Präsidentschaftswahl im April als Kandidatin der Sozialisten ein desaströses Ergebnis von 1,74 Prozent eingefahren hat. Ihr Kampf gegen das hohe Verkehrsaufkommen und die Luftverschmutzung, in dessen Rahmen sie seit 2014 drastische Maßnahmen wie die Sperre von Straßen, Geschwindigkeitsbegrenzungen und die Reduzierung von Fahrspuren umsetzte, hat ihr viele Feinde eingebracht.
Ringautobahn wird grün
Gerade kündigte sie an, die 35 Kilometer lange, achtspurige Ringautobahn um Paris mit einem „grünen Gürtel“ versehen und dafür zwei Fahrspuren opfern zu wollen. Eine „olympische Spur“ für die Teilnehmer der Olympischen Spiele 2024 wird in der Folge für Busse, Taxis und Fahrgemeinschaften reserviert. Insgesamt 70.000 Bäume sollen gepflanzt werden, um den 500.000 Anrainern laut Hidalgos Worten ein „harmonischeres, angenehmeres Lebensumfeld“ zu schaffen.
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