Freitags ruft der Muezzin: Aufregung um Kölner Moscheen

Zentralmoschee der Türkisch Islamischen Union Ditib in Köln
Die Stadtverwaltung erlaubt islamischen Gotteshäusern, künftig über Lautsprecher zum Freitagsgebet zu rufen. Die Wogen der Empörung gehen hoch.

35 Moscheen gibt es in Köln, einem der großen katholischen Zentren Deutschlands. Und diese 35 Moscheen dürfen ab sofort jeden Freitag fünf Minuten lang den Ruf eines Muezzins in ihrer Nachbarschaft ertönen lassen. 

Das Modellprojekt, das vorerst auf zwei Jahre befristet ist, soll laut der parteilosen Oberbürgermeisterin Henriette Reker ein „Bekenntnis zur grundgesetzlich geschützten Religionsfreiheit“ sein. Doch wie zu erwarten war, ruft das Ja zum Muezzin nur wenig Zustimmung hervor. Vor allem in sozialen Netzwerken gehen die Wogen seit Tagen hoch.

"Machtanspruch"

„Mit dem Ruf des Muezzin wird nicht nur zum islamischen Pflichtgebet gerufen, sondern man verkündet fünfmal am Tag den Machtanspruch des islamischen Glaubens“, schreibt die CDU-Politikerin und Islamexpertin Birgül Akpinar auf Twitter unisono mit vielen anderen Usern.

"Es geht nicht um 'Religionsfreiheit' oder 'Vielfalt', wie Bürgermeisterin Reker behauptet", sagte der Integrationsexperte Ahmad Mansour in der Bild-Zeitung, die ihren Artikel in Anspielung auf den bekannten Kölner Karnevalsruf "Kölle Allahf" nannte. "Die Betreiber der Moscheen wollen Sichtbarkeit. Sie feiern den Muezzin als Machtdemonstration über ihre Viertel."

"Armlänge Abstand"

Muezzin-Rufe zum Freitagsgebet gibt es seit den 1990er-Jahren in einigen deutschen Städten, vor allem in Nordrhein-Westfalen, wo besonders viele Muslime leben. Meist sind es aber nur einzelne Moscheen, denen die Erlaubnis dazu erteilt wurde.

In Köln, ebenfalls Teil von Nordrhein-Westfalen, gab es in der Vergangenheit immer wieder Debatten um den Umgang mit dem Islam. 2018 eröffnete die Türkisch-Islamische Union Ditib im Beisein des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ihre Zentralmoschee in Köln. Die Höhe der Minarette sorgte dabei ebenso für Debatten wie die große Nähe der Ditib zum türkischen Staat.

Schwerwiegender waren die sexuellen Übergriffe gegen Frauen in der Silvesternacht 2015/16 vor dem Kölner Dom durch junge muslimische Migranten. Oberbürgermeisterin Reker löste damals mit ihrem Rat an Frauen, "eine Armlänge Abstand" zu Fremden zu halten, einen Shitstorm aus.

Kirchenglocken vs. Muezzin

Die massive Kritik an ihrem aktuellen Projekt ficht Reker derzeit nicht an. Den Muezzin-Ruf ebenso wie das Läuten von Kirchenglocken zu erlauben, zeuge von Respekt, twitterte sie.

Dem Projekt sei zudem eine rechtliche Prüfung vorausgegangen, heißt es von der Stadt Köln. Der freitägliche Gebets-Aufruf des Muezzins dürfe nur zwischen 12.00 und 15.00 Uhr erschallen und nur fünf Minuten dauern. Zuvor müssten ein Antrag gestellt und bestimmt Auflagen erfüllt werden, etwa bezüglich der Lautstärke. Diese wird je nach Lage der Moschee festgelegt. 

Jede Gemeinde muss laut der Stadtverwaltung zudem einen Ansprechpartner benennen, der Fragen aus der Nachbarschaft beantwortet und mögliche Beschwerden entgegennimmt.

"Abendländische Tradition"

Kritikern zufolge lässt sich der Ruf des Muezzins nur bedingt mit dem Läuten von Kirchenglocken vergleichen. Der Muezzin verkünde religiöse Botschaften wie "Gott ist groß", Glocken riefen wortlos zum Gebet.

"In Bayern wollen wir solche Modellversuche jedenfalls nicht", sagte der Vizegeneralsekretär der CSU, Florian Hahn, zu Bild. Sie sind nicht Teil unserer abendländischen Tradition. Zur islamischen Religionsausübung werden Gebetsrufe auch nicht gebraucht.“

 

 

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