10:20 Uhr: Die Empfangsdame im Drapers Arms erklärt Ankommenden die Corona-Regeln: mit der App des Gesundheitsdienstes NHS registrieren, maximal sechs Gäste oder Mitglieder zweier Haushalte dürfen zusammensitzen, Bestellung und Bezahlung erfolgen am Tisch – bei Masken-tragenden Kellnerinnen oder via App.
Ins Innere darf, mit Maske, wer aufs WC muss. „Wir haben auch Wärmestrahler im Garten“, sagt sie. Denn obwohl die Sonne jetzt scheint, hat es nur 2 Grad. „Also, einfach entspannen und genießen!“
Auch Kellnerin Jill ist gut gelaunt. „Ich bin so froh, dass wir wieder offen haben“, erzählt sie. “Ich habe ausgerechnet, dass wir seit dem ersten Lockdown 240 Tage geschlossen waren“.
Bis 11:15 Uhr besuchen nur fünf Leute (sechs, inklusive dem Schreiber dieser Zeilen) den Gastgarten. „Aber ab mittags sind wir voll, und auch den Rest der Woche haben wir nichts frei“, erzählt eine Mitarbeiterin einem Pärchen, das sich nach Abendterminen erkundigt.
Auch andere Pubs sind laut Medien in nächster Zeit ausgebucht. Wann und wo der britische Premier Boris Johnson sein erstes Pint heben wird, ist noch unklar. Er wollte gleich am ersten Tag „vorsichtig, aber unwiderruflich, ein Bier an meine Lippen führen“.
Aber wegen der Staatstrauer um den verstorbenen Prinz Philip musste er verschieben. Die Behörden flehen Pub-Fans an, Exzesse zu vermeiden. Denn bei Wiedereröffnungen im vergangenen Jahr warfen so manche Angeheiterte Corona-Regeln über Bord. „Ich bitte alle eindringlich, sich weiterhin verantwortungsbewusst zu verhalten“, sagte Johnson. Die Londoner Polizei kündigte verstärkte Patrouillen an.
Die Regierung lockerte kürzlich Regeln, damit Pubs ohne Bürokratie Zelte und ähnliches aufstellen und auch Gehsteige und Parkplätze nutzen können.
Auch die im Herbst viel kritisierte 22 Uhr Sperrstunde gibt es diesmal nicht, um den finanziell leidenden Pubs unter die Arme zu greifen. Dennoch glaubt der Branchenverband, dass nur etwa 15.000, 40 Prozent aller englischen Pubs, am Montag offen waren, weil viele keinen oder zu wenig Platz im Freien haben.
Die meisten werden bis auf weiteres Verluste schreiben, warnt er und schätzt, dass diese Woche 15 Millionen Pints verkauft werden, ein Viertel einer typischen Aprilwoche.
12 Uhr: Das Marquis of Granby öffnet seinen Schanigarten erstmals seit Dezember. Mitarbeiterin Penny erzählt, dass die Chefs, auf 14 Gartentische mit je vier bis acht Plätzen aufgestockt haben. Schnell sitzen die ersten Gäste unter Planen. „Schön, Dich wieder zu sehen, Steve“, sagt eine Kellnerin zu einem Stammgast. Als Schnee zu fallen beginnt, beruhigt der Wirt: „Ab 16 Uhr wird es warm“. 12:30 Uhr: Die Besucherzahl ist auf zehn angewachsen.
Alte Bekannte und Personal erzählen einander beim ersten Wiedersehen nach langer Zeit, wie es ihnen im Lockdown ergangen ist. Ein Stückchen Normalität ist zurück gekehrt. Denn für viele Briten ist das Pub eine Art zweite Heimat. Ein Stammgast beklagt, dass er seit Dezember keinen Alkohol konsumiert hat. „Willkommen bei den Hardcore-Trinkern“, begrüßt ihn Steve. Na dann Prost!
Kommentare