Der Boss der Bosse der Cosa Nostra soll jedenfalls für mindestens 50 Morde mitverantwortlich sein, darunter jenen am Anti-Mafia-Staatsanwalt Giovanni Falcone. Darüber hinaus dürfte er beteiligt gewesen sein an der Entführung, Folterung und Ermordung eines Teenagers. Weil dessen Vater gegen die Mafia aussagte, wurde die Leiche des 15-Jährigen in Salzsäure aufgelöst.
Messina Denaro mordete bereits im Alter von 18 Jahren und wurde per üblichem Ritus (Nadelstich in den Finger, Blutstropfen auf Heiligenbild) in die Mafia aufgenommen. Kurz darauf begannen die zweiten Mafiakriege, bei denen rund Tausend Menschen den Tod fanden. Verantwortlich dafür war der Sizilianer Salvatore „Totò“ Riina, der einen beispiellosen Vernichtungsfeldzug gegen andere Mafia-Familien, Polizisten und Staatsanwälte führte. Auch Denaro rühmte sich gerne seiner Bluttaten: „Mit den von mir Getöteten kann man einen ganzen Friedhof füllen.“
Mord an Teenager
Doch die beispiellose Brutalität führte auch zu einem immer stärkeren Kampf des italienischen Staates. Und Politiker, bis dahin wichtige Unterstützer der Kriminellen, kamen stärker in Bedrängnis. Die Ermordung des 15-jährigen Giuseppe di Matteo führte nicht zur Einschüchterung, sondern zu einer Zunahme von Mafiosi, die auspacken wollten. Sie gelten als Petiti, also Verräter.
1993 wurde Riina verhaftet und schließlich zu lebenslanger Haft verurteilt. Danach verlor die Cosa Nostra an Einfluss, manche hofften sogar auf eine völlige Zerschlagung. Doch Bernardo Provenzano übernahm den Vorsitz der Kommission, der Spitze der Cosa Nostra. Auch Denaro hatte dort bereits seit 1992 Sitz und Einfluss – als gerade einmal 30-Jähriger. Er half bei der Neuformierung der Cosa nostra.
2002 wurde er unter anderem wegen seiner Mitwirkung an Bombenanschlägen und dem Attentat auf Ermittler Falcone, der auf einer Autobahnbrücke mit einer Bombe getötet wurde, in Abwesenheit zu lebenslanger Haft verurteilt. 2010 scheiterte eine Festnahme nur knapp. Wie alle wichtigen Mafiosi musste er wohl ein Leben im Untergrund mit ständigem Wohnsitzwechsel führen. Viel wird man darüber wohl nicht erfahren, es scheint ausgeschlossen, dass Denaro auspacken wird.
Mafia im Auf und Ab
Den Einfluss und die Machtfülle der Zeit bis in die beginnenden Achtziger-Jahre erhielt die ursprüngliche Mafia, deren Ursprünge in Sizilien bis in 19. Jahrhundert zurückzuführen, jedenfalls nie wieder. Doch schon mehrfach glaubte man sie besiegt, etwa als die meisten Mafiosi während der Zeit des Faschismus ins Ausland, vor allem in die USA, fliehen mussten. Bis heute halten sich (so hartnäckige wie unbewiesene) Gerüchte, dass die Cosa Nostra im Zweiten Weltkrieg den US-Truppen bei der Invasion in Sizilien geholfen hat – im Gegenzug für eine Nichtverfolgung.
Nach den Mafiakriegen in den 60ern und 80ern und einer Verhaftungswelle versuchte die Cosa Nostra einen Neuanfang. Doch Mitte der 90er-Jahre waren nicht nur die neapolitanische Camorra oder die kalabrische Ndrangheta erstarkt, der Name Mafia wurde sogar zweckentfremdet – für albanische, chinesische oder russische Kriminelle.
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