Süddeutschland unter Wasser: Woher kommt der ganze Regen?
Vom bayerischen Wirtschaftsgipfel in München rauschte der CSU-Ministerpräsident Markus Söder am Samstagnachmittag ins Hochwassergebiet in den ostbayerischen Landkreis Augsburg; in blitzblauer Regenjacke bedankte er sich bei Hilfskräften und Rettungsdiensten und appellierte an die Bevölkerung: "Bitte seien Sie vorsichtig und befolgen Sie unbedingt die Aufforderungen der Sicherheitskräfte."
Kurz zuvor waren im selben Landkreis Damm und Deich gebrochen; Bewohner waren aufgefordert worden, ihre Wohnhäuser zu verlassen. "Es ist nicht mehr ausreichend, sich in höhere Stockwerke zu begeben", so das Landratsamt Augsburg.
In 24 Stunden so viel Regen wie in einem Monat
Fotos von überschwemmten Straßen und vollgelaufenen Kellern; Einsatzkräfte auf Booten und Sandsäcke, die verteilt wurden – die süddeutschen Bundesländer Baden-Württemberg und Bayern kämpfen gegen enorme Wassermengen, von einem möglichen Jahrhunderthochwasser ist die Rede.
In mehreren Städten der beiden Bundesländer kamen bis Samstagfrüh Niederschlagsmengen von weit mehr als 100 Litern pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden zusammen – so viel wie oft in einem ganzen Monat. In Vohburg an der Donau stieg der Pegelstand innerhalb 24 Stunden von 3,3 auf 5,1 Meter. In mehreren Städten um den Bodensee und in Schwaben wurde n der Katastrophenfall ausgerufen und Veranstaltungen abgesagt. Der Deutsche Wetterdienst warnte bis Sonntag vor "extrem ergiebigem Dauerregen". Auch in den ostdeutschen Bundesländern Sachsen, Thüringen und Brandenburg wurde vor heftigen Gewittern gewarnt.
Im Landkreis Augsburg musste der Rettungshubschrauber ausrücken.
Feuerwehrmänner in Eichenau in Bayern versuchen, die Flut von der Straße fernzuhalten.
Der Neckar, ein Nebenfluss des Rheins, in Baden-Württemberg.
Marbach am Neckar.
Marbach am Neckar.
Weil aufgrund des Hochwassers die Stromversorgung drohte, auszufallen, musste im ostbayerischen Schwaben eine Justizvollzugsanstalt geräumt werden, die Insassen wurden auf umliegende Gefängnisse verteilt. Teilweise fiel das Handynetz aus; wer Hilfe braucht, solle ein weißes Laken oder Tuch zum Fenster heraushängen, forderte das Landesratsamt die Bevölkerung auf.
Im Bodenseekreis in Baden-Württemberg wurde eine Schule geflutet, auch die verbauten Sandsäcke hatten das Wasser nicht aufhalten können. Der Zugverkehr zwischen München, Bregenz und Zürich fiel den ganzen Samstag aus.
Warme Luft, viel Wasser
Woher kommt das ganze Wasser? Grund für die heftigen Niederschläge ist das Tief Orinoco, das gerade über Mitteleuropa liegt. So regnet es auch in Österreich und in den Nachbarländern – auch in der Schweiz und in Italien wurde von Überschwemmungen, Erdrutschen und überfluteten Kellern berichtet. Das Tief schaufelt warme, feuchte Luft aus dem Mittelmeerraum gen Norden. Charakteristisch seien lang anhaltende, schwere Regenfälle, schrieb die Süddeutsche Zeitung.
Eine ähnliche Wetterlage soll für die Oderflut 1997, das Elbhochwasser 2002 oder die Hochwasserkatastrophe 2021 im Ahrtal verantwortlich gewesen sein. "Diese Lagen kommen in den vergangenen Jahren häufiger vor", zitiert die SZ den Meteorologen Helge Tuschy. Die Erderwärmung verstärke die Regenmassen, denn wärmere Luft könne mehr Feuchtigkeit aufnehmen und auch wieder abgeben – was zu heftigeren Niederschlägen führen kann. Welche Konsequenzen das für eine Region haben kann, hänge von verschiedenen Faktoren ab, etwa der Bodenversiegelung und der Geografie.
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