Ältestes Ritual der Menschheit wurde über 500 Generationen mündlich weitergegeben
Neusten Untersuchungen zu Folge bevölkern Australiens Ureinwohner den Kontinent bereits seit rund 60.000 Jahren. Die zahlreichen Stämme der Indigenen, heute Aboriginal People genannten, verständigten sich in hunderten Sprachen und Dialekten - doch niemals hatten sie ein Schriftsystem.
Eine dieser Stammesgruppen nennt sich Gunaikurnai, ihr gehören heute noch etwa 3.000 Menschen an, die die Region um Cloggs Caves (einer Kalksteinhöhle im Bundesstaat Victoria) besiedeln. Und in Bezug auf sie wurde nun eine sensationelle Erkenntnis gewonnen.
Denn es wurden zwei außergewöhnliche, uralte Feuerstellen entdeckt mit jeweils auffälligen, zugespitzten Stöcken. Beides diente zu einem Ritual, das - sage und schreibe - über 500 Generationen mündlich weitergegeben wurde. Die Studie dazu wurde in der Fachzeitschrift "Nature" veröffentlicht.
Gefunden wurden die beiden Feuerstellen samt den eigentümlichen Stöcken bereits vor vier Jahren. Seither wurde alles genauestens untersucht. Mit folgendem Ergebnis: Die Feuerstellen waren viel zu klein, um als Kochgelegenheit eingestuft zu werden, und die eine datiert aus dem Jahr 10.000 vor Christi, die andere ist um 1.000 Jahre jünger. Was auf einen länger genutzten Ritualplatz hinweist.
Alte Aufzeichnungen brachten den Durchbruch
Die Auswertung der Aufzeichnungen des britischen Anthropologen Alfred Howitt aus dem Jahr 1887 brachte schließlich die bahnbrechende Erkenntnis. Der Wissenschaftler hatte von einem Zauber berichtet, den die Aborigines vollführten, um ihren Feinden zu schaden.
Dabei befestigte ein Medizinmann oder eine Medizinfrau ein Stück Kleidung oder ein Haar eines Opfers an einem angespitzten Stock. Dieser wurde dann vor dem Feuer schräg in den Boden gesteckt und so platziert, dass er nach und nach herunterfällt. Dabei wurden die Fluchsprüche ausgestoßen. Laut den Forschern passt diese Beschreibung klar zu dem Fund in Cloggs Cave.
Vermutlich ist dieses Ritual kurz nach der Beschreibung Howitts verlorengegangen. Der Grund: Damals wurden die Gunaikurnai wie die übrigen Aborigines-Stämme missioniert und in christliche Missionsstationen verdrängt. Die Tradition, die über 500 Generationen weitergegeben worden war, geriet in Vergessenheit.
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