9/11 veränderte uns und unseren Alltag. Doch wie sah unser Leben davor aus? Konnte man vielleicht sogar etwas ahnen?
Blättert man in den Archiven, lässt sich erkennen, dass die Welt schon im Spätsommer des Jahres 2001 sorgenvoll nach Afghanistan blickte. Der KURIER – wie viele andere Medien auch – spekulierte über den Tod des letzten Gegenspielers der Taliban, genannt der „Löwe von Pandschir“. Zeitgleich fand in Kabul ein Verfahren gegen acht Helfer aus dem Westen statt, angeklagt wegen christlicher Missionierung.
Beinahe beiläufig fiel der Name Osama bin Laden. Britische Zeitungen berichteten über arabische Kämpfer, die dank dessen Unterstützung stärker an Einfluss innerhalb der Taliban-Bewegung gewannen. Der Informationsminister nannte noch am 10. September 2001 Bin Laden einen „guten Mann, der niemandem Schaden zufüge“.
Der erste 24-Stunden-Live-Ticker
Über das Ausmaß der Schäden berichtete wenige Stunden später die ganze Welt. Wer konnte, versammelte sich vor einem Fernsehgerät, weil die Bilder gleichermaßen fesselnd und abstoßend waren, unbeschreiblich und vielsagend.
Der Sender Fox News, damals noch keine große Nummer in den USA, führte in jener Woche mit seinem 24-Stunden-Liveticker eine neue Art der Berichterstattung ein – mit Erfolg. Erstmals übertrumpfte man bei den Quoten das Flaggschiff CNN. Der stete Alarmismus wurde so zum erfolgreichen Geschäftsmodell. Im Oktober, wenige Wochen nach den Anschlägen, schaffte es der Begriff „generelle Angststörung“ zum ersten Mal in das medizinische Fachlexikon.
Man möchte sich in diesem Zusammenhang gar nicht ausmalen, was los gewesen wäre, hätte es damals schon Smartphones und soziale Medien gegeben. Wer damals durchkam, verarbeitete das eben Gesehene mit Freunden und Verwandten am Telefon. Die Betuchteren verwendeten dafür ihr neues Siemens-Handy S45, das mit 500 Speicherplätzen im Telefonbuch und einer Akkulaufzeit von 300 (!) Stunden warb, sowie mit der Möglichkeit, Klingeltöne selbst zu komponieren. Kostenpunkt: 3.400 Schilling (ja, so hieß damals die Währung).
Apropos heißen: Der russische Präsident hörte auf den Namen Wladimir Putin, und war damit ebenfalls schon in Amt und Würden wie auch Alexander Lukaschenko. Über den weißrussischen Machthaber schrieb der KURIER am 10. September 2001 den – offenbar zeitlosen – Satz: „Seine Gegner wittern Wahlbetrug.“
Unmittelbar neben der Schlagzeile fanden sich Tourismus-Werbungen für Last-Minute-Trips im Spätsommer. Da ahnte noch niemand, dass einen Tag später auch das Reisen (zumindest jene im Flugzeug) für immer anders aussehen würde.
Bestenfalls nur eine Randnotiz war die Tatsache, dass ein Unternehmen namens Google erstmals einen operativen Gewinn vermeldete sowie die kaum vorstellbare Menge von 30 Millionen Suchanfragen pro Tag (heute sind es 228 Millionen – pro Stunde). Der Grundstein dafür wurde in jener September-Woche gelegt, als das Google-Patent für den Pagerank-Algorithmus genehmigt wurde. Er dient bis heute als Grundlage zur Bewertung von Internetseiten. Auch dies sollte unser Leben verändern. Ebenfalls für immer.
Kommentare