Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung: Zeit vor Probelauf drängt

Kinder in Kindergarten
Ab Herbst werden rund 4.500 Kinder in vier Modellregionen betreut. Die Koordinatoren des Projekts haben ihren Dienst noch nicht aufgenommen

Angebot schafft Nachfrage. Das ist zumindest eine der politischen Erwartungshaltungen, die hinter dem von der schwarz-roten Landesregierung angepeilten Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung steckt. Ab Herbst 2026 sollen allen Eltern in Tirol, die das wollen, Plätze für Kinder ab dem zweiten Lebensjahr in Betreuungseinrichtungen angeboten werden.

Die Betreuung soll  leistbar, ganztägig und ganzjährig sein. Die Idee hinter dem dafür notwendigen Ausbau: Die Landespolitik will mehr Menschen in Vollzeitjobs bekommen oder zumindest „beiden Elternteilen die Erwerbsbeteiligung ermöglichen“, wie das ÖVP-Arbeitslandesrätin Astrid Mair formuliert hat. 

Erhoffte Effekte

So will man letztlich den Arbeitskräftemangel dämpfen, aber auch Frauen, die nach wie vor den Großteil der Betreuungsarbeit leisten, vor Altersarmut bewahren. Diese droht ihnen bei Teilzeitarbeit und entsprechend niedrigen Pensionsansprüchen.

Der Rechtsanspruch auf Kinderbetreuung oder viel mehr auf Vermittlung eines Platzes, wie es offiziell formuliert wird, geht mit kommendem Herbst in die Versuchsphase in drei ausgewählten Modellregionen – zwei davon in den peripheren Bezirken Reutte und Osttirol, zwei in der Inntalfurche nahe dem Zentralraum Innsbruck.

„Um möglichst umfassende Erfahrungswerte zu erhalten und die in Tirol vorherrschenden, regionalen Unterschiede in der Bevölkerungsdichte und -struktur abzudecken, verteilen sich die Regionen auf ganz Tirol“, erklärt ÖVP-Bildungslandesrätin Cornelia Hagele.

Acht von zehn Punkten umgesetzt

Wenige Wochen vor Start der Sommerferien, in denen  gemeinhin auch die Politik  niedertourig fährt, ist es für sie „besonders erfreulich, dass wir bereits acht Maßnahmen unseres 10-Schritte-Programms umgesetzt haben“. Das hat unter anderem eine Imagekampagne zur Personalgewinnung in der Elementarpädagogik vorgesehen. 

Wie berichtet, wird damit gerechnet, dass durch das erweiterte Angebot in den kommenden Jahren mindestens 700 zusätzliche Mitarbeiter gefunden werden müssen.

An zwei zentralen Eckpfeilern fehlt es aber in dem neuen System noch. Das Personal für die Koordinierungsstellen in den Modellregionen, die bei der Vermittlung von Betreuungsplätzen Bindeglied zwischen Eltern und Gemeinden sein sollen, ist zwar bereits gefunden. Die drei neuen Mitarbeiter – sie kommen aus der Verwaltung und der Pädagogik – nehmen aber erst ab Mitte Juni nach und nach ihre Arbeit auf.

Zu wenig Vorlaufzeit

In der ersten Phase werden sie bei der Zuteilung von Plätzen, die auch außerhalb der Heimatgemeinde der Eltern liegen können, noch nicht groß zum Zug kommen, sondern wohl eher die Gemeinden wie bisher diese Aufgabe übernehmen. Zu kurz ist die Zeit bis zum Start. 

Hagele ist aber überzeugt: „Die drei Koordinierungsstellen werden das Recht auf Vermittlung eines Kinderbildungs- und Betreuungsplatzes erproben und in der Umsetzung eine wichtige Rolle spielen.“

Anmeldeplattform

Noch in Erstellung ist auch eine digitale Anmelde- und Bedarfserhebungsplattform. Für das kommende Kindergartenjahr wird damit gerechnet, dass in den drei Modellregionen 4.500 Kinder betreut werden. An dem Probelauf nehmen vorerst 48 Gemeinden – städtische wie ländliche – teil. 

Im Hintergrund läuft indes eine Erhebung der Höhen der in den verschiedenen Gemeinden eingehobenen Elternbeiträge. Ziel ist es, diese zu harmonisieren. Zu klären ist auch, wie die Finanzierung zwischen den Gemeinden abläuft, da die Versorgung ja über die einzelnen Orte hinaus gedacht wird.

Mit in die Kalkulation sollen im Sinne einer gemeinsamen Finanzierung auch bereits in Einrichtungen getätigte Investitionen fließen. Wie berichtet, soll der Rechtsanspruch auf Vermittlung eines Kinderbetreuungsplatzes so formuliert sein, dass Kindergarten- oder krippe innerhalb von 15 Minuten Fahrzeit für die Eltern erreichbar ist.

Kommentare