Baustart in NÖ: 4,5 Milliarden Euro für die Kinderbetreuung
Wenn im kleinen Ort Stetteldorf am Wagram (Bezirk Korneuburg) die Bundespolitik eintrudelt, dann ist auch die ganze Gemeinde vor Ort. Die Musikkapelle klingt Volksmusik an, in einem Erdhaufen warten schon mehrere Spaten. Hier, auf dieser Baustelle vor dem Kindergarten, startete am Montag die Kinderbetreuungsoffensive, die vor acht Monaten von der Regierung angekündigt wurde.
Der Landeskindergarten in Stetteldorf sei einer der ersten, die im Zuge der Offensive erweitert werden. Bis 2030 werden 4,5 Milliarden Euro vom Bund investiert. "Das ist ein Meilenstein für mehr Wahlfreiheit und Sicherheit bei der Planung des Familienalltags. So wird Beruf und Familie noch besser miteinander vereinbar", betont Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) mit Verweis auf den mit 500 Millionen Euro pro Jahr dotierten Zukunftsfonds.
Kinderbetreuung "kurbelt Wirtschaft an"
Gemeinsam mit Frauenministerin Susanne Raab, Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Familien-Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister (alle ÖVP) hob der Bundeskanzler den Spaten und eröffnet damit das Bauprojekt. An das Land Niederösterreich gehen 94,5 Millionen Euro der Bundesmittel. Für Stetteldorf heißt das: 700.000 Euro werden in den Zubau einer neuen Kindergartengruppe mit Platz für bis zu 15 Zweijährige investiert. Hinzu kommen eine weitere Pädagogin und zwei Kindergartenassistentinnen. Der Bund fördert die Gesamtkosten des Baus mit 125.000 Euro.
In Niederösterreich seien seit dem Vorjahr bereits 323 neue Gruppen bewilligt worden, informierte die Landeshauptfrau: „Das sind zusätzliche Betreuungsplätze für über 6.500 Kinder“, sagte Landeshauptfrau Mikl-Leitner. Diese finanziellen Investitionen würden letztendlich auch "die Wirtschaft ankurbeln." Es gebe mehr Beschäftigte in den Kindergärten und durch die Kinderbetreuungsplätze könnten Menschen in Karenz wieder früher den Arbeitsprozess eingegliedert werden.
Kleinere Gruppen, längere Öffnungszeiten
Wie viel die einzelnen Bundesländer von der Förderung bekommen, wird von der Einwohnerzahl abhängig berechnet. Das Investment sei "historisch", beschreibt die Familienministerin Raab das Projekt. Bis Herbst 2024 sollen in Niederösterreich alle Familien auch die Möglichkeit bekommen, Null- bis Zweijährige in Kindergärten unterzubringen.
Um den Herausforderungen der Kinderbetreuung auch qualitativ gerecht zu werden, seien außerdem die Öffnungszeiten erweitert, die Gruppen verkleinert und die Ferienzeiten verringert worden. Das kann nur im Zusammenhang mit ausreichend Personal gestemmt werden, fügte Familien-Landesrätin Christiane Teschl-Hofmeister beim Spatenstich hinzu. Das Personal zu finden sei „eine Mammutaufgabe, aber sie gelingt bisher sehr gut“, verweist Teschl-Hofmeister auf die Bewerbungslage übers Land.
SPÖ-Kritik: "Blumige Worte", die nicht helfen
Familien hätten eine "hohe Priorität in unserem Land", betonten die ÖVP-Vertreter beim Spatenstich. Das Milliardenpaket nütze Familien aber nichts, wenn diese viele Hundert Euro im Monat zusätzlich für die Nachmittagsbetreuung zahlen müssen, reagierte Niederösterreichs SPÖ-Familiensprecherin Kerstin Suchan-Mayr.
Der Aufholbedarf sei sehr hoch, denn bei den VIF-konformen (Vereinbarkeitsindikator für Familie und Beruf) Kinderbetreuungseinrichtungen sei Niederösterreich mit 26,4 % bei den drei- bis fünfjährigen Kindern im Bundesländervergleich an letzter Stelle.
"Es braucht eine flächendeckende, ganztägige, kostenfreie Kinderbetreuung samt einem Rechtsanspruch ab dem 1. Lebensjahr", fordert die Sozialdemokratin, "erst dann gibt es Wahlfreiheit zwischen Familie und Beruf".
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