Nach Absage von MCI-Neubau: Hohe Hürden für vom Land forcierte Alternative

Alte Hauptpost in Innsbruck / MCI
Ausbau der alten Hauptpost durch private Eigentümer zum fixen MCI-Standort ist laut Gutachten nur mit Ausschreibung des Landes möglich.

Kaiser Franz Joseph I. hat alles im Blick. Bis heute wacht sein Porträt über die Schalterhalle der unter dem Monarchen erbauten und 1908 eröffneten Hauptpost von Innsbruck. Der Briefverkehr hat schon lange Sendepause. Nunmehr tummeln sich hier Studenten des Management Center Innsbruck (MCI) in improvisierten Arbeitskojen.

Die alte Hauptpost, 2009 vom Eigentum der Republik in die private Hand von zwei Tiroler Investoren gewechselt, ist einer von vielen quer über die Stadt verteilten und angemieteten Außenstandorten der unter notorischer Platznot leidenden privaten Hochschule. Das Objekt soll vom Notnagel zum MCI-Ankerpunkt werden, wenn es nach dem Land geht.

250-Millionen-Euro-Projekt abgesagt

Im vergangenen Dezember hatte ÖVP-Landeshauptmann Anton Mattle den praktisch durch die ganze Amtszeit seines Vorgängers Günther Platter verfolgten Neubau des MCI in Nachbarschaft des Stammhauses abgesagt. Der Finanzbedarf für das Land wurde zuletzt mit 250 Millionen Euro beziffert. Zu viel für Mattles Geschmack.

Die Landesregierung - zunächst eine schwarz-grüne, nunmehr eine schwarz-rote - ist mit zwei Anläufen und ebenso vielen gekürten Siegerprojekten grandios gescheitert. Beide Male wegen angeblicher Kostenexplosionen, bevor überhaupt gebaut wurde. Mattle baut nun auf eine vermeintlich budgetschonende Alternative. 

In seinem Auftrag soll SPÖ-Hochbaulandesrat Philip Wohlgemuth "eine kostengünstigere Sanierung des bestehenden MCI-Hauptstandortes und der weiteren Standorte“ umsetzen. Im Fokus steht dabei die alte Hauptpost, in der Platz für dringend benötigte Hörsäle und Labore geschaffen werden soll.

Eigentümer wollen in Vorlage gehen

Die privaten Eigentümer haben Bereitschaft signalisiert, sich um Sanierung und entsprechenden Ausbau ihrer Immobilie sowie die notwendige (Vor)Finanzierung zu kümmern. Doch dieses Konstrukt steht auf rechtlich wackeligen Beinen und könnte zum Einsturz kommen.

Ein vom MCI-Aufsichtsrat in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten, das dem Land – und nun auch dem KURIER – vorliegt, sieht einen potenziellen Konflikt mit dem Vergaberecht. 

Klar ist: Die Hauptpost-Besitzer werden ihre Investitionen zurückverdienen wollen. Das Land wird dazu als maßgeblicher Träger des MCI mit entsprechenden Mietzuschüssen seinen Beitrag leisten müssen. In der bloßen Anmietung eines Objekts durch die öffentliche Hand sieht der Experte kein Problem. 

Komme es jedoch zu "Bauleistungen nach den Erfordernissen des öffentlichen Auftraggebers", könne ein "dem Vergaberecht unterliegender Bauauftrag vorliegen". Das gelte insbesondere dann, wenn die Vorgaben "über marktübliche Nutzerwünsche hinausgehen". Aktuell wird die alte Hauptpost überwiegend als Bürogebäude genützt.

Komplett neue Nutzungsbedingungen

Die nunmehrigen Pläne zielen jedoch auf "eine dauerhafte Nachnutzung als Hochschule" ab, damit ist aus Sicht des Vergaberechtsexperten eine Sondernutzung begründet, die eine Nachnutzung durch private Dritte nicht ohne weiteres ermöglicht. 

Salopp formuliert könnte man sagen: Lässt sich das Land ein ehemaliges Verwaltungsgebäude zur Hochschule umschnitzen, unterliegen allfällige Bauaufträge „einer Ausschreibungspflicht“. 

Ob dem Vermieter die Kosten unmittelbar erstattet werden oder über die künftigen Mietzahlungen refinanziert werden, sei dabei „nicht ausschlaggebend“, so das Gutachten.

Der Verfasser dieser Rechtsmeinung ist für das Land kein Unbekannter. Es ist der Wiener Vergaberechtsexperte Michael Breitenfeld. Wohlgemuths Vorgänger als SPÖ-Hochbau-Landesrat, Georg Dornauer, hatte ihn noch in seiner Amtszeit damit beauftragt, einen anderen Ausweg aus der MCI-Misere zu prüfen. Mattle wartete das Ergebnis aber nicht ab.

Breitenfeld kam zum Schluss, dass die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) das vom Land in eine Sackgasse geführte Hochbauprojekt errichten und allenfalls auch finanzieren hätte können. Und zwar – ohne vorherige Neuausschreibung – im Rahmen einer „öffentlich-öffentlichen“ Kooperation.

Die Refinanzierung hätte ebenfalls über Mieten erfolgen können - aber die Zahlungen wären von einer öffentlichen Hand in die andere geflossen. Bei der alten Hauptpost kritisiert aber Tiroler Landtagsopposition von Anfang an, dass öffentliches Geld in die Immobilie von privaten Eigentümern fließen würde.

Alte Hauptpost in Innsbruck / MCI

Die alte Hauptpost liegt im Zentrum von Innsbruck und steht unter Denkmalschutz.

Das neue Gutachten warnt in diesem Zusammenhang vor "einer selektiven Begünstigung eines bestimmten Unternehmens", die als verbotene Beihilfe gewertet werden und "empfindliche Konsequenzen" nach sich ziehen könnte.

Vorstellung vor beratendem Gremium der Stadt

Dem Vernehmen nach würden die Eigentümer der alten Hauptpost 20 Millionen in die Sanierung sowie weitere 25 Millionen Euro in den Ausbau bzw. einen neu zu errichtenden Zubau investieren. Mit ihrem Projekt wurden die Investoren zuletzt beim Innsbrucker Gestaltungsbeirat (IGB) vorstellig. 

Offene Türen haben sie dort nicht eingerannt. Das präsentierte Vorhaben erwecke den Eindruck einer „Summe an Einzelprojekten. Es stellt sich die Frage, wie weit über die Grenzen der Baustelle hinausgedacht wurde“, sagt IGB-Vorsitzender Bernd Vlay.

Unmittelbar angrenzend liegt das Servitenkloster in der Maria-Theresien-Straße, die an dieser Stelle in der Triumphpforte mündet. Zu bedenken seien zudem eventuelle künftige Bedürfnisse eines ebenfalls benachbarten Gymnasiums. Der Wiener Architekt Vlay ortet "parzellenhaftes Denken".

Wettbewerb gefordert

Für Wolfgang Andexlinger, Leiter der Innsbrucker Stadtplanung, kommt ebenfalls "die qualitative Frage zu kurz". Es stelle sich nicht nur die Frage, ob eine Hochschule an diesem Standort in der Innenstadt funktionieren kann: "Es wird auch nicht berücksichtigt, was das für das Stadtgefüge bedeutet."

So gehe es etwa um die verkehrstechnische Anbindung oder auch die Aufenthaltsqualität für Studenten. "Aus unserer Sicht müsste in jedem Fall ein zweistufiger Wettbewerb stattfinden", macht Andexlinger klar. In so einem Verfahren müsse es zunächst um städtebauliche Fragen und anschließend um die Architektur des Projekts an sich gehen.

Man habe zudem gefordert, dass der Betreiber - also das MCI - hinzugezogen wird. Die Investoren waren bei der Sitzung alleine vorstellig geworden. "Wir müssen wissen, dass das auch für den Nutzer funktioniert", erklärt Andexlinger. Für den Plan B des Landes tut sich also auch eine stadtseitige Hürde auf. Eine schnelle Lösung ist nicht in Sicht.

Kein "Schnellschuss"

Für Vlay gilt mit Blick auf die alte Hauptpost und ihre prominente Innenstadtlage: "Der Standort kann nichts dafür, dass zwei Projekte gescheitert sind. Er darf jetzt nicht Opfer eines Schnellschusses werden."

Aktuell ist das MCI einer von zahlreichen Mietern in der Hauptpost. Im historischen Gebäude sollten laut den Plänen der Eigentümer vor allem Büros für das MCI untergebracht werden, in einem Anbau aus den 1970er-Jahren wiederum Labore. Ein Neubau soll wiederum Platz für Hörsäle schaffen.

Kommentare