2018 schafften zehn Listen den Einzug ins Stadtparlament – vier davon beim ersten Antreten: die Neos, die linke „Alternative Liste Innsbruck“ (ALI), die im Landtag bereits etablierte „Liste Fritz“ und das rechtspopulistische „Gerechte Innsbruck“. Die in Skandale verstrickten „Innpiraten“ mussten dafür wieder von Bord gehen.
13 Listen wollen in den Gemeinderat
Dieses Mal wollen dreizehn Listen ihr Glück versuchen, ihnen stellt sich jedoch eine für Österreich abseits von Wien einzigartige Hürde in den Weg. Erstmals braucht es in Innsbruck mindestens vier Prozent der Stimmen, um Mandate zu erringen.
Und erneut stehen jede Menge neue Namen auf dem Wahlzettel – auch wenn sich mitunter Altes dahinter verbirgt. Für die 100.564 Wahlberechtigten dürfte das teils schwer zu durchschauen sein.
Im bürgerlichen Lager könnte man etwa sagen: „Orange is the New Black.“ Das ist zwar der Titel einer erfolgreichen US-Serie, die sich um ein Frauengefängnis dreht. Aber für den Gemeinderatswahlkampf streift die ÖVP ihr schwarzes Gewand ab und tritt als Bündnis mit der einstigen Abspaltung „Für Innsbruck“ an, die sich 1994 bei der Gründung Gelb als Parteifarbe verpasst hatte. Unter Führung von ÖVP-Staatssekretär Florian Tursky nennt sich die gemeinsame Liste „das neue Innsbruck“ und hat sich in Orange gefärbt.
Von Schwarz zu JA
Der wiederum von der ÖVP ausgeschlossene und für als Vize-Bürgermeister abgewählte Parteirebell Johannes Anzengruber hat eine eigene Liste: „JA – Jetzt Innsbruck“. Der ehemalige Alm-Wirt kann sich durchaus Chancen im Kampf um den Bürgermeistersessel ausrechnen.
Dass die in Graz und Salzburg im Höhenflug befindliche KPÖ mit Pia Tomedi als Spitzenkandidatin an die Erfolge ihrer Genossen anknüpfen kann, ist eher unwahrscheinlich. Ihr Bekanntheitsgrad geht gegen null. Vor sechs Jahren war man noch mit ALI angetreten, nun macht man sich gegenseitig Konkurrenz.
Und dann gibt es mit „Die Unabhängigen Innsbrucker“ vom aus der SPÖ ausgetretenen Gemeinderatsurgestein Helmut Buchacher, „Einig Innsbruck“ und „TUN“ noch drei weitere, aus dem Boden gestampfte Listen – sofern sie ausreichend Unterstützungserklärungen sammeln.
Die umworbenen Nichtwähler
Die Neulinge betonen fast unisono, im Teich der Nichtwähler fischen zu wollen. Der ist groß. Bei den letzten Gemeinderatswahlen lag die Wahlbeteiligung lediglich bei 50,4 Prozent. Etwa die Hälfte der Stimmberechtigten blieb also damals den Wahlurnen fern.
Der Wählermarkt in Innsbruck ist aber – auch abseits der Experimentierfreudigkeit – ein im Vergleich zum Rest des Landes Besonderer. Der Anteil an wahlberechtigten Einwohnern mit nichtösterreichischem Pass ist extrem hoch. Er liegt bei 20,6 Prozent, 20.788 EU-Bürgerinnen und EU-Bürger dürfen auf Gemeindebene wählen.
Erste Frau, erster Grüner: Premieren im Bürgermeisteramt
Innsbruck ist aber als Universitätsstadt auch äußerst jung und weist einen hohen Bildungsgrad auf. Die stärkste Altersgruppe sind die 25- bis 29-Jährigen, das Durchschnittsalter der Wohnbevölkerung liegt bei 42,2 Jahren. Und ein Viertel der Innsbrucker über 15 Jahren hat einen Hochschulabschluss.
Der 30.10.2002 ist ein historischer Tag in der österreichischen Politlandschaft. Der Innsbrucker Gemeinderat wählt Hilde Zach von „Für Innsbruck“ zur Bürgermeisterin, nachdem ihr Vorgänger und Listengründer Herwig van Staa als ÖVP-Landeshauptmann auf die größere Bühne gewechselt ist. Sie ist damit die erste Frau an der Spitze einer Landeshauptstadt.
16 Jahre später gibt es erneut eine bundesweite Premiere. Georg Willi besiegt Hilde Zachs Nachfolgerin (FI) Christine Oppitz-Plörer 2018 in der Bürgermeister-Stichwahl. Und ist damit der erste Grüne an der Spitze einer Landeshauptstadt.
Innsbruck als besonders Pflaster
Die Innsbrucker Stadtpolitik ist seit jeher ein besonderes Pflaster. Die ÖVP hat sich hier über viele Jahrzehnte mit verschiedenen Listen immer wieder selbst Konkurrenz gemacht. So eben auch mit dem von van Staa gegründeten „Für Innsbruck“. In der jüngeren Vergangenheit gab es und gibt es nun wieder jede Menge Listen abseits der etablierten Parteien.
Hinter dieser auf Ebene der Landeshauptstädte nicht gerade üblichen Vielfalt vermutet Lore Hayek, Politikwissenschafterin an der Uni Innsbruck, „ein bisschen einen Selbstläufer, wenn neue Bewegungen sehen, dass andere es schon geschafft haben und es dann vielleicht eher probieren“.
Der Studentenfaktor
Den angeblichen Einfluss von ausländischen Studenten auf die Gemeinderatswahlen, den besonders die FPÖ vermutet, sieht Hayek nicht: „Ich glaube nicht, dass die mehr als ein Mandat ausmachen.“ Und auch wenn Innsbruck eine sehr junge Stadt ist, ist für sie klar: „Wahlentscheidend sind die Pensionisten.“
Aus der Tatsache, dass bis zu Willis Kür alle Stadtchefs ÖVP(nahe)-Politiker waren, leitet die Volkspartei ab, Innsbruck sei eine „bürgerliche“ Stadt. „Es ist aus ÖVP-Sicht verständlich, dass man dieses Bild transportiert. Von den Zahlen trifft es nicht mehr zu“, so Hayek. 2018 kamen FI und ÖVP gemeinsam nur auf 28,3 Prozent, sechs Jahre zuvor waren es noch fast 43.
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