Steirische Landtagswahlen: Nächster blauer Durchmarsch?
Die FPÖ sagt ihren "blauen Montag" ab. Siegessicher will der steirische Landesobmann Mario Kunasek seine Parteigremien bereits am Montag treffen und nicht wie bei den Blauen gewohnt, erst am Dienstag nach der Wahl.
Denn ab Dienstag würde er, so die FPÖ auch in der Steiermark stimmenstärkste Fraktion wird, "Gespräche beginnen", also Koalitionsverhandlungen führen.
Und was kommt dann?
Aber würde ein blauer Wahlerfolg automatisch auch den ersten FPÖ-Landeshauptmann in der Steiermark bedeuten?
Nicht zwangsläufig, denn wie in der Bundesregierung gilt auch in der steirischen Landesregierung das Koalitionsprinzip: Eingeführt 2011, wirksam erstmals 2015, wurde das Proporzsystem abgelöst, das alle Parteien ab einer gewissen Stärke Sitze in der Regierung sicherte.
Somit könnte sowohl wieder Schwarz-Rot regieren oder Schwarz-Rot mit einem dritten Partner, ein Modell gibt es dafür ja, die Koalitionsverhandlungen auf Bundesebene. Allerdings stehen die steirischen Parteichefs dem Dreier in der Regierung weniger aufgeschlossen gegenüber als die Obmänner im Bund.
Anders als im Bund ist das Prozedere in der Steiermark nach den Wahlen aber klarer: Mit der Abschaffung des Proporzsystems wurde ein Passus neu in die steirische Landesverfassung aufgenommen, der einen Automatismus bei den Verhandlungen vorgibt.
Die Besonderheit des Paragraf 37
§ 37 sieht vor, dass jene "wahlwerbende Partei, die bei der Landtagswahl die meisten Stimmen erlangt hat" die anderen Parteien "zu Verhandlungen über die Bildung der Landesregierung einzuladen" habe.
Allerdings schließt das Gespräche des Zweiten mit dem Dritten nicht aus.
"Es geht bei dieser Wahl um eine Richtungsentscheidung und nicht darum, dem Bundespräsidenten, der Bundesregierung oder einer zerstrittenen Bundespolitik etwas auszurichten", kommentiert ÖVP-Landeschef Christopher Drexler am Freitag beim Wahlkampfabschluss in Richtung Wien. Dort kann das Wahlergebnis jenseits des Semmerings auch bei den schwarz-rot-pinken Koalitionsverhandlungen ins Gewicht fallen.
Beben bis Wien?
Verlieren die großen Befürworter von Schwarz-Rot, Drexler und SPÖ-Landesparteiobmann Anton Lang, ihre Mehrheit im Landtag und wird die FPÖ stärkste Fraktion, führt der Weg vermutlich zu einem blauen Landeshauptmann - von schwarzen oder gar roten Gnaden. Denn im Gegensatz zu Karl Nehammer und Andreas Babler haben Drexler und Lang nie eine Zusammenarbeit mit FPÖ-Obmann Kunasek ausgeschlossen. Und eine Dreiervariante beäugen beide skeptisch.
Die schwarze Angst - die Steirer-VP färbte sich auch in Kurz-Hochzeiten nie türkis um - vor dem blauen Durchmarsch ist nicht unbegründet. FPÖ-Landesparteiobmann Mario Kunasek kann sich auf starken Rückenwind seiner Bundespartei unter Herbert Kickl verlassen.
Diesjährige Wahlergebnisse
- Bei den EU-Wahlen im Juni kam die FPÖ mit 27,8 Prozent der Wählerstimmen auf Platz 1, die ÖVP wurde Zweite mit 25,3 Prozent, die SPÖ dritte (20,7 Prozent)
- Bei den Nationalratswahlen im September wurde der Vorsprung der Blauen noch größer: 32,5 Prozent für die FPÖ im Bundesland - besser als im bundesweiten Durchschnitt und nach Kärnten das zweitbeste Länderergebnis.
- Bei den Arbeiterkammer-Wahlen im Mai waren die Freiheitlichen Arbeitnehmer für die in der AK mächtige Sozialdemokratie zwar keine Gefahr, aber sie verwiesen mit 13,3 Prozent (Plus 1,7 Prozentpunkte) die ÖVP-Christgewerkschafter auf Platz 3 (12,2 Prozent)
Die Umfragen
Beinahe alle seit Dezember 2023 publizierten Wahlumfragen sehen die FPÖ auf dem ersten Platz, jedenfalls weisen ihr alle Erhebungen massive Zugewinne aus.
- Im Oktober wurden der FPÖ 30 Prozent zugestanden, der ÖVP 26, der SPÖ 24 Prozent.
- Eine Umfrage im Jänner prophezeite der ÖVP gar den Absturz auf Platz 3, darin kam die FPÖ mit 26 Prozent auf Platz 1, die SPÖ mit 24 Prozent auf Platz 2.
Den kleineren Oppositionsparteien - Grüne, KPÖ und Neos - wäre in jeder Umfrage der Wiedereinzug in den Landtag sicher, wenn auch im Fall der Grünen mit Verlusten.
Der Vergleich der Umfragen zeigt aber zweierlei:
- Der ÖVP droht der Verlust des ersten Platzes. Wieder einmal, nur diesmal an die FPÖ: 2005 kam es zum Machtwechsel von Schwarz zu rot, erstmals seit 1945 ging die ÖVP bei einer steirischen Landtagswahl nicht als stimmenstärkste Fraktion hervor. Auch 2010 und 2015 blieb die SPÖ stimmenstärkste Fraktion, das drehte sich erst wieder 2019. Das nährt die Erzählung der Steiermark als "swing state", also eines Landes mit sich wechselnden Mehrheiten.
- Anton Langs SPÖ - der 65-Jährige ist heuer erstmals Spitzenkandidat - hält sich stabil (23 - 24 Prozent). Damit könnten die Roten in etwa ihr Ergebnis aus 2019 halten, wenn nicht sogar leicht zulegen.
ÖVP und SPÖ griffen einander im Wahlkampf, der ihne besondere Aufregung dahin plätscherte, nicht an, schließlich will am in der Steiermark weiter gemeinsam regieren und überhaupt empfahlen dies beide Landesparteiobleute ja auch ihren Bundesparteichefs, es miteinander zu versuchen.
Die Ausrufung des Duells
Statt dessen rief Drexler zum Zweikampf mit der FPÖ und trommelt seither die Bitte um "Leihstimmen" jener, die nicht mit einer "blauen Mehrheit aufwachen" wollten. "In einer Zeit, wo so viel Unsicherheit herrscht, wo in Deutschland die Regierung implodiert und man in Wien nicht weiß, was rauskommt, würde ich mir ein Zeichen für Stabilität in der Steiermark wünschen", deponiert er am Freitag.
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