Kaufkraft-Analyse vor Wahlen: Reiches Burgenland, arme Steiermark
Wie viel Geld der Bevölkerung am Ende des Monats im Börserl übrig bleibt, kann wahlentscheidend sein. Das hat sich nach Jahren mit hoher Inflation jüngst in den USA wieder einmal gezeigt.
Im Vorfeld der Landtagswahlen in der Steiermark (kommenden Sonntag) und im Burgenland (am 19. Jänner) stellt sich daher auch die Frage, wie die Menschen in den beiden Bundesländern finanziell dastehen. Das Meinungsforschungsinstitut OGM hat die Nachbarn hinsichtlich Kaufkraft und Preisniveaus miteinander verglichen. Basis für diese Vergleichsstudie waren dieses Mal keine Umfragen, sondern behördliche Daten.
Der auffälligste Unterschied zuerst: Die burgenländische Bevölkerung kann sich heute spürbar mehr leisten als die der grünen Mark. Konkret liegt die reale Kaufkraft im Burgenland 5,2 Prozent über dem Bundesschnitt, während die Steirerinnen und Steirer ein Prozent unter dem Österreich-Wert liegen. Nach Bezirken sind die kaufkräftigsten Menschen im Bezirk Eisenstadt-Umgebung zu Hause (fast elf Prozent über dem Österreichschnitt). Die niedrigste Kaufkraft gibt es der Studie zufolge in Graz (7,5 Prozent unter dem Bundesdurchschnitt).
Das Burgenland hat laut OGM im langfristigen Vergleich stark aufgeholt und liegt bei der Kaufkraft mittlerweile nach Niederösterreich auf dem zweiten Platz. Auch im Südburgenland liegt die reale Kaufkraft mittlerweile über dem Bundesdurchschnitt.
Ist das Burgenland also reich, die Steiermark arm? Diese provokante Frage des KURIER beantwortet Studienautor Johannes Klotz wie folgt: „Jedenfalls ist das Burgenland reicher als die Steiermark. Die Preise sind niedriger, die Einkommen höher.“ Wie das sein kann, galt das Burgenland doch jahrzehntelang als Österreichs „Armenhaus“? Klotz: „Das liegt zum einen daran, dass das Burgenland lange Zeit Ziel-1-Fördergebiet war, es wurden viele Arbeitsplätze geschaffen. Ein Faktor war auch die Ostöffnung. Im Norden kommt dazu, dass viele Menschen aus Wien dorthin ziehen, weil es hier billiger ist.“
Das Preisniveau lag zuletzt in beiden Bundesländern unter dem Österreichschnitt: Im Burgenland um 2,6 Prozent, in der Steiermark um 1,3 Prozent. Wohnen und Gastronomie sind in beiden Ländern im Vergleich zum Westen und zu Wien noch immer günstiger.
Schwache Konjunktur schadet der Steiermark
Im Industrie-Bundesland Steiermark spiegelt sich die schwache Konjunktur in den Arbeitslosenzahlen wider: Im vergangenen Oktober ist die Arbeitslosenquote in der Steiermark um fast 15 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, im Burgenland um „nur“ 8,6 Prozent.
Eine weitere Folge der starken industriellen Ausrichtung der Steiermark stellt eine relativ hohe „Gender-Pay-Gap“ bei unselbstständigen Erwerbstätigen dar: Während die männlichen Steirer im Jahr um 1.800 Euro weniger verdienen als die Burgenländer, fällt die Differenz zwischen Steierinnen und Burgenländerinnen mit 2.600 Euro brutto wesentlich höher aus.
Die OGM-Studie sieht einen Grund für den Einkommensnachteil der Steirerinnen in der mangelhaften Kinderbetreuung: „Nirgends in Österreich ist die Quote der Unter-Dreijährigen in Betreuung so gering wie in der Steiermark, im Burgenland ist sie hingegen nach Wien am höchsten.“
Problem Altersarmut
Die geringeren Fraueneinkommen schlagen sich später unter anderem in Altersarmut nieder. Die Steiermark hat mit elf Prozent den höchsten Anteil von Mindestpensionistinnen und -pensionisten von allen Bundesländern. Im Burgenland sind es 6,9 Prozent. „Altersarmut ist fast immer Frauenarmut“, sagt Studienautor Klotz. Da ließe sich durch den Ausbau der institutionellen Kinderbetreuung gegensteuern.
Kommentare