Krainer, Klasnic, Kunasek: Die Dezember-Umbrüche in der Steiermark
Dezember 1995: Josef Krainer trat am Wahlabend zurück
Zusammenfassung
- Am 17. Dezember 1995 trat ÖVP-Landeshauptmann Krainer nach Wahlniederlage zurück, Klasnic wurde erste Frau an der Spitze der Steiermark.
- 2005 verlor die ÖVP erstmals die Vormachtstellung an die SPÖ, KPÖ zog wieder in den Landtag ein, FPÖ flog raus.
- 2024 wurde Mario Kunasek (FPÖ) mit ÖVP als Juniorpartner zum Landeshauptmann gewählt, die FPÖ ist nun stärkste Partei.
Mitte Dezember ist für die jüngere steirische Landesgeschichte ein auffälliger Zeitraum: An einem 17. Dezember trat der letzte ÖVP-Landesfürst nach einer Wahlniederlage zurück, obwohl seine Partei immer noch die meisten Stimmen eingeheimst hat.
An einem 18. Dezember wurde der erste blaue Landeshauptmann im Landtag gekürt - ein Rückblick.
"Sie werden verstehen, dass ich bei diesem Ergebnis zurücktrete. Das ist für mich eine Selbstverständlichkeit." Und so verließ Josef Krainer II. die politische Bühne und zog direkt nach der Verkündung des vorläufigen Wahlergebnisses einen Schlussstrich.
Erster Platz, dennoch Rücktritt
Und das obwohl, seine Partei immer noch am ersten Platz lag, wenn auch nur um ein paar wenige Stimmen. Doch für Josef Krainer waren 36 Prozent und ein hauchdünner Sieg vor der SPÖ zu wenig. Jahre später wird Alexander Van der Bellen solche Ergebnisse als "arschknapp" bezeichnen, seither ein geflügeltes Wort auch im politischen Sprachgebrauch.
Der 17. Dezember 1995 war somit ein einschneidener Punkt der jüngeren steirischen Landesgeschichte:
- Krainers Rücktritt brachte die erste Frau an die Spitze der Steirer-VP und an die Spitze einer Landesregierung, Waltraud Klasnic (sie wurde im Jänner 1996 im Landtag gewählt).
- Das Ende der Ära der Landesfürsten war besiegelt, Klasnic brachte einen anderen Stil in die Politik - "die neue Landesmütterlichkeit" titelte der KURIER ein paar Tage nach ihrer Wahl.
- Die schwarze Erbpacht auf die Grazer Burg - dem Amtssitz der Landeshauptleute - begann an diesem 17. Dezember erstmals zu bröckeln: Noch nie seit 1945 rückte eine andere Partei der ÖVP so nahe, dass sie ihr den Landeshauptmannsessel hätte streitig machen können. Nach den Dezemberwahlen hätten die SPÖ unter Peter Schachner-Blazizek und die FPÖ unter Michael Schmid gemeinsam im Landtag genug Stimmen gehabt, um die ÖVP auszubooten. Dazu kam es nicht, für Rot-Blau war es zu früh: Im Bund kämpfte die SPÖ selbst um ihre Vormachtstellung, die Bundes-SPÖ unter Franz Vranitzky hätte eine SPÖ-FPÖ-Allianz in der Steiermark nie akzeptiert.
Es blieb also für weitere zehn Jahre bei Schwarz-Rot in der Steiermark unter einem ÖVP-Landeshauptmann, Klasnic führte die männliche Form des Amtstitels.
Franz Voves führt die SPÖ an die Spitze
Im Herbst 2005 trat auch sie zurück: Bei den Landtagswahlen am 2. Oktober landete die SPÖ vor der ÖVP - noch nie zuvor hatte die ÖVP in der Steiermark ihre Vormachtstellung verloren. Franz Voves wurde der erste rote Landeshauptmann (jedenfalls aus eigener Kraft, der Sozialdemokrat Reinhard Machold wurde direkt nach Kriegsende 1945 von den Alliierten als LH eingesetzt und blieb bis zu den Novemberwahlen 1945 in dem Amt).
Die Oktoberwahlen 2005 waren aber noch wegen weiterer Punkte denkwürdig:
- Die KPÖ unter Ernest Kaltenegger zog erstmals seit Jahrzehnten wieder in den Landtag ein und wurde nach SPÖ und ÖVP drittstärkste Kraft.
- Die FPÖ schaffte kein Grundmandat mehr und flog aus dem Landtag.
Mittlerweile ist die FPÖ stärkste Partei im steirischen Landtag und stellt mit Mario Kunasek den Landeshauptmann, er ist der erst zweite blaue Landeschef nach Jörg Haider in Kärnten.
Die erste blau-schwarze Koalition
Kunasek wurde exakt vor einem Jahr - am 18. Dezember 2024 - mit den Stimmen seiner FPÖ und jenen seines Koalitionspartners ÖVP im Landtag gewählt.
Die ÖVP rutschte damit - erneut - in die Rolle des Juniorpartners zurück, die sie bereits von 2005 bis 2015 inne hatte: Damals regierte Voves mit seinem ÖVP-Stellvertreter Hermann Schützenhöfer, der nach den Wahlen am 31. Mai 2015 selbst an die Spitze der Landesregierung aufrückte: Obwohl stimmenstärkste Fraktion, überließ die SPÖ der ÖVP im Juni den Landeshauptmann.
2019 holte sich die ÖVP die Stimmenmehrheit wieder zurück - um sie am 24. November 2024 gleich wieder zu verlieren, an die FPÖ: Christopher Drexler, der im Juni 2022 mitten in der Legislaturperiode zu Schützenhöfers Nachfolger gekürt wurde, verhandelte zwar noch den Pakt mit den Blauen, musste dann aber Mitte Dezember 2024 Manuela Khom Platz machen.
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