Richter bezweifelt in Urteil "menschengemachten Klimawandel"

Klimaaktivisten vor Grazer Oper
Aktivist berief gegen Geldstrafe. Richter am Landesverwaltungsgericht Steiermark bestätigte sie - und sieht in Klimawandel nur "umstrittene Hypothese".

"Stoppt die fossile Zerstörung" stand auf einem der Transparente, die Aktivisten der "Letzten Generation"  vor mittlerweile eineinhalb Jahren in Graz dabei hatten: Da blockierten einige im Frühverkehr den Opernring, in dem sie sich in gewohnter Manier auf der Fahrbahn festklebten.

Auch der restliche Ablauf verlief gewohnt: Die Polizei kam, löste die Blockade auf. Es setzte Geldstrafen für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Einer der Aktivisten ging mit einer Beschwerde zur nächsten Instanz, dem Landesverwaltungsgericht Steiermark (LvWG). Er berief gegen die Geldstrafe in der Höhe von 225 Euro.  

Die Beschwerde wurde im Juli 2023 abgewiesen. So weit, so normal, denn die meisten der bisher vor Landesverwaltungsgerichte in den Bundesländern gebrachten Beschwerden wurden abgewiesen.

Nun wurde allerdings das schriftlich ausgefertigte Urteil bekannt - und das weist eine ungewöhnliche Begründung für die Abweisung aus: Wie die Kleine Zeitung berichtet, bezweifelt der Richter nämlich den Klimawandel.  

Demnach liege "kein Notstand" vor, die Aktionen wie das Blockieren von Kfz legitimieren würden: Denn die "kolportierte Idee des vom Menschen beeinflusste Klimawandels"  fuße auf Modellrechnungen sowie einem entsprechenden Konsens der Wissenschaft, heißt es in der Urteilsbegründung. 

"Politische Ideologie"

Doch dieser Konsens sei eine "umstrittene Hypothese", führt der Richter weiter aus und wird im Urteil dann auch gleich politisch: Der Klimaprotest sei "eine politische Ideologie".

Laut Bericht war der Richter einst Direktor des FPÖ-Landtagsklubs.

Seitens des Gerichts hieß es dazu am am Dienstag, dass man "in dieser Angelegenheit lediglich auf die Unabhängigkeit der Richter des Landesverwaltungsgerichts Steiermark hinweisen" könne. Zudem bestehe "in allen Fällen für die Parteien des jeweiligen Verfahrens immer die Möglichkeit, ein Rechtsmittel gegen die Entscheidungen zu erheben".

Das meint Revision an den Verwaltungsgerichtshof oder Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder beides.

Neuerlich als Richter bei Letzter Generation

Am Dienstag hat dieser Richter neuerlich Recht gesprochen: Fünf Menschen der Letzten Generation seien "zu unverhältnismäßig hohen Strafen verurteilt" worden, so die Letzte Generation in einer Aussendung. Ob die öffentlich gewordene Kritik eine Rolle gespielt hat, ist offen, allerdings hat der Richter bei den beiden Verhandlungen heute die Strafen herabgesetzt: Statt insgesamt 825 Euro werden nun nur noch 550 Euro fällig. 

Einer der Betroffenen, der die Strafe nicht bezahlen kann, muss deshalb für 36 Tage eine Ersatzfreiheitsstrafe absitzen. 

Die Letzte Generation spart auch nicht mit Kritik: "Die Äußerungen des Richters in seiner Urteilsbegründung stehen im klaren Gegensatz zu jahrzehntelang bestehenden wissenschaftlichen Erkenntnissen, laut denen das menschliche Verschulden in der Klimakrise unumstritten ist."

Reinhard Steurer, einer der renommiertesten Universitätsprofessoren für Klimapolitik, hält das "im Grund für einen Skandal" - nämlich, dass jemand, der "als Klimawandelleugner unter Realitätsverweigerung leidet, auch noch über das Schicksal von Klimaaktivisten entscheiden kann". 

Für Gerhard Hackenberger, emeritierter Anwalt und Vertreter der Letzten Generation, ist es "absolut unverständlich, dass dieser Richter seine Verpflichtung, wegen Befangenheit von einer Behandlung dieser Verfahren abzusehen, nicht wahrnimmt, obwohl er ausdrücklich darauf hingewiesen wurde". 

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