Hundetrainerin: "Es ist ein Skandal, dass Hunde nach der Optik ausgesucht werden"
Sie wurden einst für illegale Tierkämpfe in England gezüchtet - American Staffordshire Terrier.
Diese Zeiten sind vorbei, und dennoch sorgen die Hunde nach wie vor für Schlagzeilen. In Österreich aktuell, weil einer von ihnen erneut zugebissen hat.
In der Steiermark fiel eine vierjährige Hündin, die bisher als unauffällig galt, am Sonntag eine 46-jährige Nachbarin der Halter an, als diese gerade vom Joggen nach Hause kam, und biss ihr den Daumen ab.
Auch an der tödlichen Hundeattacke vom Oktober in Oberösterreich, bei der eine Joggerin von Hunden totgebissen wurde, waren die sogenannten "Listenhunde" beteiligt. Damit gemeint sind Hunde, die in Österreich ein erhöhtes "Gefährdungspotenzial" aufweisen.
Gewisse Bundesländer, wie Niederösterreich und Wien, verlangen deswegen von den Besitzern einen Sachkunde-Nachweis. Die Tiere müssen außerdem an öffentlichen Orten mit Maulkorb und Leine geführt werden.
In Oberösterreich und der Steiermark gibt es diese Auflage nicht.
Keine "böse Rasse"
"Grundsätzlich muss man aber ganz klar sagen, dass keine Rasse böse oder nicht böse ist", sagt Hundetrainerin Katharina Aberle. Die Niederösterreicherin arbeitet seit Jahrzehnten mit Hunden.
"Bei Hunden ist der Mix aus Genetik und Epigenetik ausschlaggebend. Und nach diesem sollte man sich idealerweise sein Tier aussuchen. Doch mittlerweile zählt für viele Hundebesitzer nur mehr das Aussehen. Es ist ein Skandal, dass Hunde nach der Optik ausgesucht werden ", sagt Aberle.
Hinzu käme noch Sozialisierung und Training.
Rassegerecht beschäftigen
Gemeint ist mit Genetik und Epigenetik folgendes: Die Genetik bestimmt etwa den Grad der Aktivität des Hundes und sein Talent. "Will ich einen Jagdhund, werde ich mich nach dessen Genetik richten. Doch vielen ist das egal, sie wollen einfach einen Jagdhund, weil er hübsch ist. Dabei geht es um das Talent, und nicht um das Aussehen. Aber wenn das Tier nicht rassegerecht beschäftigt und jagdlich gefördert wird, dann ist sein Talent nicht kontrolliert abrufbar, sondern kommt unkontrolliert zum Ausbruch."
Bei der Epigenetik gehe es um die Erfahrungen, die die Eltern und Großeltern des Hundes gemacht haben und weitervererben. "Darum sollte man stets die Vorgeschichte seines Hundes kennen", sagt Aberle.
Neben dieser Basis zähle auch die sichere Verwahrung eines Hundes zur obersten Priorität. "Ich habe drei Hunde, aber diese sind nie alleine im Garten", erzählt die Trainerin.
Eines habe sie in ihrer langen Laufbahn dabei nie erlebt: dass ein Hund ohne Geschichte aggressiv geworden wäre. "Es gibt immer einen Auslöser. Entweder hat das Tier Schmerzen, ist überdreht, oder etwas anderes." Über den aktuellen Fall kann und will Aberle keine Einschätzung abgeben.
Arbeitstiere
Nur so viel: "American Staffordshire Terrier sind keine Hunde nur zum Spazierengehen. Das sind Arbeitshunde. Die wollen sich körperlich und geistig auspowern."
Joggern, Radfahrern oder generell Sportlern sei im Umgang mit Hunden dabei vor allem eines empfohlen: Wenn sie einen freilaufenden Hund sehen, die Aktivität einstellen, ruhig bleiben, am Tier vorbeigehen. "Jedenfalls keine Reize aussenden, die das unsichere Tier triggern könnten."
Kann ich Hund behalten, der zugebissen hat?
Bleibt eine Frage: Kann man einen Hund behalten, der einmal zugebissen hat? "Das Tier muss jedenfalls gesundheitlich gründlich untersucht werden. Wenn wirklich jahrelang nichts war, gilt es mit einem Profi herauszufinden, warum jetzt etwas passiert ist", sagt Aberle.
Im Fall in der Steiermark wird der Terrier nun von einem Veterinär der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz untersucht. Erst dann wird über eine Abnahme entschieden.
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