Corona-Tote in steirischem Pflegeheim: Vier Freisprüche, eine Geldstrafe
Soldaten, die ein Pflegeheim nur mit Gasmasken betraten, die eigentlich gegen atomare, biologische oder chemische Kampfstoffe schützen sollen. Doch im November 2020 rüsteten sich die Männer und Frauen damit gegen das Coronavirus.
Das Bundesheer rückte damals - mitten in der zweiten Coronawelle - aus, um ein Pflegeheim in der Obersteiermark zu übernehmen: Fast alle Bewohnerinnen und Bewohner sowie die meisten Angestellten waren positiv, viele an Covid erkrankt.
Corona-Cluster im Heim
Seit Mai 2023 ist der Corona-Cluster im Heim "Tannenhof" ein Fall fürs Gericht.
Im Straflandesgericht Leoben müssen sich vier Männer und eine Frau - ehemalige Betreiber des Heims, Heimleiter und Pflegekräfte - wegen des Verdachts der vorsätzlichen Gefährdung von Menschen durch übertragbare Krankheiten verantworten: 18 Menschen starben in dem Heim - "an oder mit Covid", wie die Anklägerin beim Prozessauftakt festhielt.
Rund 90 Zeugen wurden seit Prozessbeginn am 2. Mai 2023 gehört, am Mittwoch sollen noch zwei Gutachten erläutert werden.
Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten vor, grundlegende Schutzmaßnahmen gegen die Ausbreitung des Virus unterlassen zu haben: So seien infizierte Personen nicht isoliert worden, die Schutzkleidung für das Personal sei nicht ausreichend gewesen und überhaupt sollen Präventionskonzepte gefehlt haben.
"Mäusekot unter den Betten"
Auch abseits von Corona scheint die Hygiene mangelhaft gewesen zu sein. Die Richterin zitierte während des Verfahrens aus dem Akt: "Angebissene Äpfel, Mäusekot unter den Betten, verklebte Türgriffe, Spinnweben..." seien entdeckt worden.
Bis auf die einzige Frau unter den Angeklagten gab es bei Prozessbeginn keine Geständnisse. Ihre Rechtsanwältin betonte, die Maßnahmen, die von der Staatsanwaltschaft gefordert wurden, "hätten gesetzt werden müssen".
Arzt riet zur Triage
Tatsächlich aber traf die zweite Corona-Welle das Heim offenbar unvorbereitet, obwohl seit dem Frühjahr 2020 Betreiber von Pflegeheimen "angehalten waren, Konzepte zu erstellen", wie die Staatsanwaltschaft moniert. Eine Zeugin gab im Verfahren an, man habe in Krankenhäusern um Hilfe gebeten, da die vielen Kranken nicht mehr gepflegt werden könnten: Daraufhin habe ein Arzt erst zu Triage geraten, ehe dann doch einige Spitalsbetten aufgetrieben werden konnten.
Zwei Angeklagte wollten nicht aussagen, ihr Verteidiger sieht ohnedies nur einen einzigen Grund hinter der Anklage: "Wir sitzen hier nur da, weil durch die Medien Druck erzeugt worden ist. Wir sitzen hier, um Corona medial aufzuarbeiten", sagt er bei seinem Eröffnungsplädoyer.
Vier Freisprüche
Der Prozess ist bis zum späten Nachmittag angesetzt, der Strafrahmen beträgt bis zu drei Jahre Haft.
Das - nicht rechtskräftige - Urteil der Einzelrichterin fällt am späten Nachmittag: Vier Angeklagte werden freigesprochen, ein Angeklagter zu 12.300 Euro Geldstrafe verurteilt.
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