Zwei-Klassen-Arztberuf: ÖGK fordert "Wahlarzt neu"
Der burgenländische Landeschef Hans-Peter Doskozil (SPÖ) hat mit seiner Kritik an der Macht der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) einen bekannten Verbündeten, den Obmann der Österreichischen Gesundheitskassen (ÖGK) Andreas Huss.
Er fordert eine Neureglung des Wahlarztsystems. „Dieses System ist eine österreichische Besonderheit und gehört reformiert“, sagt Huss.
Die ÖGK fordert ein "Wahlarztsystem neu"
Das Wahlarztsystem wurde 1955 geschaffen. As 2012 die Arbeitsstunden der Spitalsärzte limitiert wurden, bekam es Auftrieb. Heute seien aber rund 5.000 der 11.000 Wahlärzte in ganz Österreich eigentlich Spitalsärzte, die nebenbei eine kleine Wahlarztpraxis betreiben, erklärt Andreas Huss im KURIER-Gespräch. Gleichzeitig aber fehlen Kassenärzte. Auch weil die ÖÄK die Wahlarztprivilegien schützt, „die natürlich immer attraktiver sind, weil Wahlärzte gar keinen Regeln unterliegen“, so Huss.
Wofür es die Zustimmung der Ärztekammer braucht
Die ÖGK fordert daher ein „Wahlarztsystem neu“. Dadurch sollte in erster Linie die Veto-Macht der Ärztekammer eingeschränkt werden, erklärt Huss. „Die Ärztekammer hat als Interessenvertretung weitreichende Veto-Rechte, die effiziente Versorgung im Land erschweren“, sagt Huss. Es brauche etwa die Zustimmung der Ärztekammer für die Errichtung von Primärversorgungszentren oder der Einstellung zusätzlicher Kassenärzte, die nicht im Stellenplan vorgesehen sind – und „die zusätzlichen Kassenärztestellen werden von der Ärztekammer oft blockiert“, sagt Huss.
Wieso aber hätte die Ärztekammer in Zeiten von Ärztemangel das Interesse, zusätzliche Kassenärztestellen zu blockieren? Huss: „Die Ärztekammer fürchtet durch ein Mehrangebot an Kassenärzten in der Region weniger Geschäft für bestehende Ärzte.“ Zudem kritisiert die ÖGK, wie auch Burgenlands Landeschef Doskozil, dass Wahlärzte keine Bereitschaftsdienste am Wochenende machen müssen, Kassenärzte aber vertraglich dazu verpflichtet sind.
"Korruptionspotenzial" bei der Kombination Wahlarzt-Spitalsarzt
Ein weiterer Dauerkritikpunkt der ÖGK: Es könne nicht sein, so Huss, dass Wahlärzte sich aussuchen können, wo sie ihre Ordination eröffnen. „Sie suchen sich nämlich Regionen wie Döbling in Wien aus, mit finanziell potenten Patienten und Bezirke wie Simmering und Favoriten werden zur Mangelregion“, sagt Huss. Auch diese Ortsfreiheit hätten Kassenärzte nicht, so Huss.
„Außerdem haben wir laut Transparency International und den Patientenanwälten in der aktuellen Wahlarzt-Spitalsarzt-Kombination ein gewisses Korruptionspotenzial“. Denn: „Es wird berichtet, dass Privatpatienten von Ärzten, die im Spital auch die Operationen durchführen, früher operiert werden als Kassenpatienten“.
Daher sollten Spitalsärzte neben ihre Tätigkeit im Spital nur Kassenpraxen eröffnen dürfen und sich nicht als Wahlärzte niederlassen. Man könne dadurch erstens auf einen Schlag mehr Kassenärztestellen schaffen und zweitens wäre die Vermischung der privaten und öffentlichen Versorgung in einer Person damit beendet, so Huss. Der Gesetzgeber sei nun in der Verantwortung, eine solche Reform einzuleiten. Diana Dauer
Kommentare