Wohnsitzschmäh: Chats zeigen, wie Skiurlauber nach Österreich gelangen
Es ist, als würde sich die Geschichte wiederholen. Nicht nur in St. Anton haben sich skibegeisterte Zuzügler mit dem Wohnsitzschmäh einen Skiurlaub durch die Hintertür ertrickst, auch im salzburgerischen Bad Gastein häufen sich die Fälle von illegalen Urlaubern – meist aus Schweden. Zur Erinnerung: Die Betroffenen umgehen mit einer Einreise aus "beruflichen Zwecken" und der Anmeldung eines Wohnsitzes das Beherbergungsverbot. Gearbeitet wird wenig, Skigefahren umso mehr. Das Gesundheitsministerium will nun die Einreiseverordnung "präzisieren".
Doch dies scheint nicht die einzige Parallele zwischen den beiden Bundesländern im Westen Österreichs zu sein.
Ähnlich wie in Tirol haben sich auch in Salzburg die Betroffenen im Internet Anleitungen gegeben, wie man am besten nach Österreich kommt, worauf man achten muss und ganz wichtig: Ob die Skilifte fahren und wie es um die Schneebedingungen vor Ort bestellt ist. Diese Chatprotokolle liegen dem Kurier vor.
Wohnung für die Quarantäne eineinhalb Monate zuvor gemietet
Darin heißt es etwa am 16. Jänner (sinngemäß übersetzt): „Hey, hey wir sind eine Gruppe von Leuten, die plant, diesen Montag nach Bad Gastein zu fahren. Wir zahlen seit dem 1. Dezember für eine Unterkunft, also haben wir eine Wohnung in der wir die Quarantäne verbringen können.“ . Und weiter: „Ist hier in letzter Zeit jemand nach Bad Gastein runtergefahren und weiß, ob es Probleme an der Grenze gibt und wie man diese lösen kann.“ Die Antwort lautet: „Wurden überhaupt nicht angehalten. Auch keine Grenzkontrolle“
Gespräche im Tourismusverband
Beim Tourismusverband in Bad Gastein ist man sich der Problematik bewusst: „Wir hatten gestern im Verband noch eine sehr lange Diskussion über das Thema. Das Problem sind nicht die Hotels, sondern Zweitwohnsitzbesitzer und Privatvermieter, die einfach weiter Zimmer vermieten“, erzählt Bad Gasteins Tourismusobmann, Olaf von der Wettern. Der gebürtige Deutsche ist neben seiner Funktion im Tourismus auch Geschäftsführer der Janus Hotelbetriebsgesellschaft, die in Bad Gastein einen ganzen Hügel voller Hotels managt. Unter den Einheimischen auch gern "Schwedenhügel" genannt. Denn die Hauptgästegruppe der Hotels sind Skandinavier. „Was glauben Sie, wie mir das Messer in der Hose aufgeht, wenn wir unsere Betriebe geschlossen halten müssen, und anderswo sich Leute nicht an die Verordnung halten“, sagt von der Wettern. Im Tourismusverband sei man übereingekommen, jede Meldung über Verstöße direkt an die Bezirkshauptmannschaft weiterzuleiten.
Arbeitszeugnisse gesucht
Auch bei der Polizei hat man die illegalen Skiurlauber im Monte Carlo der Alpen am Radar: „Wir überwachen alles im Rahmen unserer Möglichkeiten, aber uns sind die Hände gebunden, solange die Leute als Einreisegrund berufliche Zwecke angeben, können wir nichts tun. Das ist legal“, sagt Hans J. Wolfgruber, Pressesprecher der Landespolizeidirektion Salzburg. Im Chat der Skandinavier liest sich das vor fünf Tagen in etwa so: „Hey ich und mein Freund fahren heute nach Bad Gastein. Allerdings haben wir ein Problem. Wir wussten nicht, dass es eine feste Arbeitserlaubnis benötigt, um einzureisen. Habt ihr eine Idee, wie man das Problem SCHNELL beheben kann. Jeder Rat hilft.“ Zehn Kommentare gibt es auf den Post, doch nur die unverfänglichen sind für alle zu sehen.
Wolfgruber: "Wenn es eine neue Verordnung gibt, die uns Maßnahmen einräumt, dann werden wir diese nutzen."
Seit 30. Dezember verzeichnet die Gemeinde Bad Gastein allein 65 Anmeldungen für Zweiwohnsitze von ausländischen Staatsbürgern. Um die Situation unter Kontrolle zu bringen, leitet Bürgermeister Gerhard Steinbauer mittlerweile jede Meldung zur Überprüfung an die zuständige Bezirkshauptmannschaft weiter. Doch die Behörden kommen aufgrund der vielen Arbeit, bedingt durch Corona, nicht mit den Kontrollen nach.
Moral versus Gesetz
Unter der Bad Gasteiner Bevölkerung herrscht wenig Verständnis für die urlaubsfreudigen Schweden. „Wir kommen uns doch für dumm verkauft vor. Jeder hält sich an die Vorgaben und die Urlauber rennen herum, als hätten wir keine Pandemie“, erzählt eine Einheimische. Und eine Gasteinerin, die im Ausland lebt, fügt hinzu: „Eine Quarantäne bei Ein- und Ausreise kann ich mir aus beruflichen Gründen nicht leisten. Aber offenbar gilt es als neuer Sport, ungesehen über die Grenze zu kommen. Und wofür? Dass man Skifahren gehen kann?“
Für diesen Unmut hat auch die Salzburger Polizei Verständnis: „Wir verstehen die Bevölkerung und ihren Ärger. Aber was moralisch verwerflich ist, ist nicht unbedingt automatisch strafbar“, sagt Polizeisprecher Wolfgruber.
Dass die Stimmung unter den Einheimischen nicht die beste in Bezug auf die Gäste aus dem Hohen Norden ist, schlägt sich auch in der skandinavischen Chatgruppe nieder. Dort heißt es: „Habe auch Signale erhalten, dass es bei den Einheimischen einige Irritationen gibt. (…) Kann euch nur daran erinnern, alle Regeln sorgfältig zu befolgen, die Papiere in Ordnung zu halten und nicht unnötig aufzufallen.“
Der Gasteiner würde jetzt wohl sagen: Dank da recht sakrisch. Oder auf gut schwedisch: Tack så mycket.
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