Die sogenannten Gastpatienten in Wiens Spitälern sind seit Jahren ein Politikum. Ihr Anteil beträgt rund 20 Prozent, rechnet der Sprecher vor, der Großteil stamme aus Niederösterreich. „Das sind 700 Patienten am Tag, was einem kleinen Krankenhaus entspricht“, sagt Wigev-Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb.
In manchen Fächern sei die Gastpatienten-Quote aber noch höher, sagt der Sprecher. Paradebeispiel sei die Augenheilkunde, wo 25 Prozent der Katarakt-Operationen auf Nichtwiener entfallen würden. Dabei ließe sich gerade dieser relativ simple Eingriff genauso gut in einem niederösterreichischen Spital durchführen. „Doch offensichtlich haben sich unsere Ärzte einen sehr guten Ruf über die Bundesländer-Grenzen hinaus erarbeitet“, sagt der Sprecher.
Bereits 2019, also noch vor der Pandemie, stieß Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) die Debatte um die Gastpatienten in Wiens Spitälern an. Zwar bekommt Wien für die Übernahme der Patienten einen bestimmten Betrag refundiert (die genaue Höhe wird seitens der Stadt nicht kommuniziert), doch dieser reiche angesichts der wachsenden Zahl an Gastpatienten in bestimmten Fächern nicht mehr aus. So lautete damals die Argumentation.
Die Forderung nach mehr Geld verknüpfte die Stadt schon damals mit Versuchen, die Gastpatienten-Quote zu drücken. Allen voran im AKH mit seiner völlig überlasteten Onkologie-Tagesklinik. Damals wurden 20 Patienten darauf hingewiesen, in welchen Spitälern ihres Heimat-Bundeslandes sie sich mit derselben Qualität behandeln lassen können. Die Patienten kamen dieser Empfehlung auch nach. Im Gegensatz zu damals betrifft die aktuelle Anweisung den gesamten Wigev.
NÖ kalt erwischt
Niederösterreich wurde von der Entscheidung Wiens jedenfalls kalt erwischt. Denn in den Landeskliniken ist die Situation derzeit ebenfalls äußert angespannt. Grippe, Corona und das RS-Virus sorgen nicht nur für einen Patientenansturm, die Auswirkungen auf das Personal sind ebenfalls massiv. 1.700 Mitarbeiter sind derzeit krank oder befinden sich im Pflegeurlaub, der ärztliche Bereich ist mit etwa 100 Mitarbeitern betroffen. Umso größer ist die Sorge, dass die Übernahme von zusätzlichen Patienten die Kliniken noch näher an die Belastungsgrenzen heranführen könnte. Zudem herrscht auch Unverständnis. „Bei mehr als 2.000 Geburten pro Jahr im Klinikum Mödling, kann man davon ausgehen, dass nicht nur Niederösterreicherinnen das Angebot in Anspruch nehmen“, sagt ein hochrangiger Mitarbeiter aus dem Gesundheitsbereich.
Betont wird, dass Niederösterreich dem Beispiel Wiens nicht folgen werde. „Das ist derzeit kein Diskussionspunkt und wäre im Sinne der uns anvertrauten Patienten aus anderen Bundesländern auch nicht praktikabel“, heißt es seitens der Landesgesundheitsagentur.
Verwiesen wird in diesem Zusammenhang vor allem auf jene Menschen, „die ihren Hauptwohnsitz in Wien haben und einen Nebenwohnsitz im Burgenland oder in Niederösterreich“.
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