Die Spaltung im bürgerlichen Lager hat am Wahlabend in Innsbruck auch die Trennlinie mit den größten Verlieren auf der einen und den größten Siegern auf der anderen Seite markiet. Ein regelrechtes Debakel hat "Das neue Innsbruck" - eine Allianz aus ÖVP, der Ex-Abspaltung "Für Innsbruck" und dem Seniorenbund - erlebt, die eben gerade die Wiedervereinigung des bürgerlichen Lagers verkörpern wollte.
Kamen diese nun gemeinsam angetretenen Listen 2018 noch auf einen Stimmenanteil von 31 Prozent, reichte es am 14. April nur für 10,2 Prozent. Das ist noch weniger, als die ÖVP vor sechs Jahren bei alleinigem Antreten und beim Erreichen ihres bisherigen Tiefpunkts von 12,2 Prozent verbuchen konnte.
Das konnte selbst der von der ÖVP abgespaltene Johannes Anzengruber mit seiner Liste JA und einem fulminanten Wahlsieg - 16,8 Prozent aus dem Stand - nicht für die Bürgerlichen wettmachen.
Und wie eine Wahlanalyse des Innsbrucker Amts für Statistik am Montag zeigt, war es ein Wechselspiel zwischen den zwei Listen, die das Ergebnis stark beeinflusst haben. Selbst in den "Tursky-Hochburgen" kam das ÖVP-Bündnis nur auf 10,5 Prozent. Anzengruber konnte umgekehrt in diesen Gebieten fast ein Viertel aller Stimmen einheimsen.
Zumindest gilt das für die Ergebnisse in den Wahllokalen, die aufgrund der steigenden Zahl an Briefwählern - das war dieses Mal jeder fünfte der rund 61.000 Wähler, die ihre Stimme abgaben - zunehmend an Bedeutung verlieren, aber dennoch ein gutes Bild abgeben.
Anzengruber statt "Für Innsbruck"
Dieses zeigt, dass die Anzengruber-Liste - hier ist die Lebensgefährtin des FPÖ-Spitzenkandidaten Markus Lassenberger prominent auf Platz zwei vertreten - auch in blauen Hochburgen stark abgeschnitten hat. Und dort mit 17,4 Prozent auf Plat zwei landete. Auch hier gibt es eine Verbindung zum Tursky-Ergebnis.
Es scheint nämlich laut Analyse, dass ehemalige Stimmen des Allianz-Parnters "Für Innsbruck", 2018 noch mit der ÖVP noch auf Kriegsfuß, zu JA gewandert sind.
Der zweite große Wahlsieger neben Anzengruber, der am 28. April auch noch auf einen Sieg im Bürgermeister-Duell gegen Amtsinhaber Georg Willi (Grüne) hoffen kann, ist die KPÖ. Sie erreichte bei ihrem ersten Einzug in den Gemeinderat seit dem Jahr 1965 gleich 6,7 Prozent.
Die von Pia Tomedi angeführten Kommunisten konzentrierten sich laut eigenen Angaben im Wahlkampf stark auf die großen Wohngebiete im Osten der Stadt - traditionell auch Domänen der FPÖ und der SPÖ. Wie das Amt für Statistik heraushebt, schnitt die KPÖ aber offenbar dort überdurschnittlich gut ab, wo die Grünen - sie konnten Platz eins halten - die höchsten Sympathien genießen:
Studentischer Einfluss
In den zentral gelegenen Wohgebieten mit hohem Maturanten- und Studentenanteil. Hier kamen die Kommunisten auf 10,3 Prozent, was für einen "studentischen Einfluss" sprechen könnte, heißt es in dem Bericht.
Die Grünen konnten bei einem Minus von 5,3 Prozent insgesamt Platz eins verteidigen. Sie hielten auch ihre Hochburgen. Gab es auch dort zwar ebenfalls Verluste, so gab es in den Paradebezirken dennoch einen Stimmenanteil von 25,4 Prozent. Und eine für die Partei von Willi merkliche Veränderung zeigt sicht mit Blick auf die einst dörflich geprägenten Hanglagen der Stadt.
2018 wurden diese eher bürgerlich verorteten Gemeindegebiete vom als bürgerlich geltenden Grüne-Frontmann erobert. Nun hat das Pendel wieder zurückgeschlagen. Und zwar in Richtung des ehemaligen Almwirts Anzengruber, was ein weiterer Hinweis auf die Grundlage seines Erfolgs ist.
Neues Farbenspiel
Das Farbenspiel in den Wahlsprengeln ist im Vergleich zu 2018 am Sonntag wesentlich bunter geworden. Damals war der Osten der Stadt in den dicht besiedelten Wohnbezirken blau, da die FPÖ hier die Nummer eins war, gab im Rest des Gemeindegebiets fast ausschließlich Grün den Ton an. Nun schaut es so aus.
Die versprenkelten roten Flecken deuten es bereits an. Die SPÖ konnte ebenfalls zulegen. 13,6 Prozent insgesamt (+3,3 Prozent) stehen 15,8 Prozent in den roten Hochburgen gegenüber, was laut Statistik-Amt "für eine starke Mobilisierung" der SPÖ-Klientel spricht. Noch stärker als dort, konnten die von Stadträtin Elli Mayr angeführten Sozialdemokraten aber in den grünen Hochburgen und in den Domänen der Tursky-Liste zulegen.
Die SPÖ dürfte also bei enttäuschten Grün-Wählern als Alternative ins Spiel gekommen sein. Ins Bild passt hier, dass die SPÖ in den "jungen Wahlsprengeln" mit einem Anteil von mehr als einem Drittel Über-30-Jährigen hinter den Grünen mit 14,7 Prozent auf Platz zwei landete.
Bei Jungen gepunktet
"Das ist insofern interessant, als die Sozialdemokratie zuletzt bei den jungen Wählern auf wenig Resonanz gestoßen war", heißt es in der städtischen Wahlanalyse. Das mag auch daran liegen, dass Frontfrau Mayr mit 40 selbst noch verhältnismäßig jung ist.
Die SPÖ schaffte es gleichzeitig aber auch in den "alten Wahlsprengeln" (mehr als 33 Prozent der Wähler über 65), in denen FPÖ und Anzengruber dominierten, mit 14,8 Prozent auf Platz drei. Umgekehrt zeigen die genannte Fakten, wo das Problem der FPÖ gelegen haben könnten.
Mit Vize-Bürgermeister Markus Lassenberger in die Wahl gegangen, ging sich trotz hoher Erwartungen, nur Platz drei hinter Grünen und der Liste des ÖVP-Rebellen aus. Ein Stimmenanteil von 15,2 Prozent bedeutete sogar ein Minus von 3,4 Prozent statt dem erwarteten Plus.
Wie die Auswertung ergeben hat, waren die Freiheitlichen wieder dort stark, wo sie es traditionell in Innsbruck sind. Einerseits im den Gebieten mit hoher Wohndichte und hohem Arbeiteranteil, wo die Blauen bei 24,6 Prozent landeten. Hier ist der FPÖ mit der JA-Liste von Anzengruber aber nunmehr starke Konkurrenz erwachsen (18,5 Prozent).
In den Wohngebieten "einfacher" Leute mit hohem Altbaubestand, wie es das Statistik-Amt beschreibt, lagen die Blauen bei 24,9 Prozent. Hier sind traditionell die Sozialdemokraten der Hauptgegner im Kampf um die Wählerschaft. Die erreichten in diesen Arealen 17,6 Prozent.
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