Corona: Wie immun die Herde bereits ist
Die Corona-Problematik in Österreich entsteht derzeit rein aus der Mathematik. Mit Verlaub: Knapp 200 Menschen sind im Krankenhaus, davon 20 auf der Intensivstation, knapp 30 sind gestorben. Und natürlich ist jeder Toter zu viel, jede schwere Erkrankung auch. Vergleicht man sie jedoch mit den circa 2.000 Grippetoten pro Jahr, stellen sich dennoch viele die Frage, warum durch die massiven Einschnitte eine Rezession mit hunderttausend zusätzlichen Arbeitslosen herbeigeführt wird und das öffentliche Leben samt Schulen zum Erliegen gebracht wird. In normalen Grippe-Jahren würde niemand an derart massive Maßnahmen denken.
Die Antwort ist einfach: Weil wir sonst in nur wenigen Wochen zigtausende Tote hätten. Das hält keine Regierung aus, auch keine Gesellschaft. Wir kennen diese Zahlen, weil uns Statistik verständlich gemacht wird und weil wir die Bilder aus Wuhan, aber vor allem aus Italien kennen. Auch in Madrid werden die Särge der Corona-Toten mittlerweile in Eishockey-Hallen gelagert. Damit haken wir die Frage, ob die Maßnahmen überhaupt richtig sind jetzt mal ein für alle Mal ab. Zum jetzigen Zeitpunkt sind sie das.
Weltweit sind nun sogar 2,8 Milliarden Menschen (von insgesamt 7,7 Milliarden) von einer Art Ausgangssperre betroffen. Weniger als jeder Dritte also. Gestern Nacht wurden alle Menschen, die New York innerhalb der letzten 14 Tage verlassen haben, aufgefordert, 14 Tage in Quarantäne zu gehen (gleichzeitig feierte die Wall Street den größten Gewinn seit 1933!). Doch fast alle fragen sich, wie lange dauern diese Maßnahmen?
Vorbild Island: Testen, testen, testen
Dazu werfen wir einen Blick nach Island. Genau in jenes Land, das uns vor vier Jahren bei der vorerst letzten Fußball-Europameisterschaft so begeistert hat. In Island setzt man nämlich schon seit Wochen auf das, was gestern auch Kanzler Sebastian Kurz nun für Österreich angekündigt hat: Testen, Testen, Testen (warum dieses Wort gleich immer im Trio genannt wird, ist auch zu hinterfragen; vermutlich soll das Wichtigkeit oder Dringlichkeit untermauern).
Island testet also so umfangreich wie kein anderes Land. Bis Sonntag sind 28.000 Tests durchgeführt worden. Exakt so viele wie derzeit auch in Österreich. Allerdings hat Island nur 364.000 Einwohner, also weniger als 5 Prozent von Österreich. Anders gesagt: Dort wird zwanzig Mal so viel getestet wie bei uns. Mit diesen Tests gelingt es, die Ausbreitung deutlich zu verlangsamen (weil Corona-Infizierte weniger andere Menschen anstecken; vor allem im Gesundheitsbereich), weil auch Antikörpertests durchgeführt werden (also wer ist dann immun und darf wieder raus) und weil man viel Know-how über das Virus und seine Eigenschaften sammelt.
Wenn also das nun auch bei uns erfolgt: Viel mehr Tests pro Tag, zusätzlich Tests auf Antikörper (die sollen schon in 2-3 Wochen verfügbar sein), Tests ob man wieder gesund ist (also doch dreimal testen!) - dann kann das, was Kanzler Sebastian Kurz gestern gesagt hat, tatsächlich eintreten: Eine langsame Öffnung nach Ostern.
Mit weiterhin strengen Sicherheitsregeln (Abstand, keine großen Events, Hygiene) für jene, die schon Antikörper haben und jene, die nicht zur gefährdeten Gruppe (Alte und Kranke) gehören. Das nennt man die "geregelte Corona-Ansteckung" für jene, die nicht gefährdet sind. Bei 60 Prozent Durchsuchung wäre die Herdenimmunität erreicht. Je höher jetzt schon die Dunkelziffer ist, desto früher erreichen wir diese 60 Prozent. Alle dabei begleitenden Maßnahmen, wie die Nutzung von Handy-Daten, die ab heute neue "Stopp Corona"-App des Roten Kreuz, die Absage von Veranstaltungen helfen, die Kontrolle zu behalten.
Doch wann das Land wieder geöffnet wird, steht in den Sternen, oder in Island. Auf Basis der bisher gewonnenen Daten erwartet man dort den Höhepunkt in der ersten April-Hälfte. Auch das passt zur Kurz-Andeutung von der Zeit nach Ostern. Und, es wird nur sehr langsam gehen. Aber immerhin: Einen kleinen Hoffnungsschimmer an den ersten so kalten Frühlingstagen wird man ja noch haben dürfen.
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