Wie die Frauenhäuser in Salzburg zum Dauerthema wurden

Die Zahl der Betretungsverbote nimmt gegenüber 2019 deutlich zu. Frauen suchen daher verstärkt Zuflucht in den Frauenhäusern
Die Ausschreibung der Leistungen wurde für Neos-Landesrätin Andrea Klambauer zum politischen Problem.

Groß war die Aufregung um die Salzburger Frauenhäuser auch diese Woche, lang waren die Diskussionen. Alleine der Landtag diskutierte am Mittwoch mehr als zwei Stunden über die Pläne von Frauen-Landesrätin Andrea Klambauer (Neos), die Frauenhäuser neu auszuschreiben. Neues kam dabei nicht heraus.

Dass geprüft wird, ob statt einer EU-weiten eine österreichweite Ausschreibung reicht, hatte Klambauer schon vergangene Woche zugestanden. Doch warum fesselt dieses Thema den Politik- und Sozialbetrieb in Salzburg derart stark? Warum kehrt auch nach drei Wochen keine Ruhe ein? Der KURIER klärt in drei Punkten auf:

Inhaltliche Kritik der Frauenhäuser

Da ist einmal die fachliche und inhaltliche Kritik der Frauenhäuser – konkret geht es um die Einrichtungen in Salzburg Stadt und Hallein. Es würden seit 30 Jahren gewachsene Strukturen zerstört, heißt es. „Durch die Ausschreibungen bekommen wir ein enges Korsett. Unsere Autonomie wird total beschränkt. Die Grundsätze unserer Arbeit wären nicht mehr lebbar“, erklärt Birgit Thaler-Haag, Leiterin des Frauenhauses Salzburg.

Durch die geforderte Dokumentation sei auch die Anonymität der Frauen, die das Frauenhaus in Anspruch nehmen, in Gefahr, meint Thaler-Haag. Außerdem wird Klambauer auch mangelhafte Kommunikation vorgeworfen. „Wir sind im Vorfeld nie gefragt worden“, sagt die Frauenhaus-Leiterin.

Wie die Frauenhäuser in Salzburg zum Dauerthema wurden

Bei einem runden Tisch musste Klambauer viele Fragen beantworten.

Umstrittene Ausschreibungen im Sozialbereich

Mit einer Ausschreibung im Sozialbereich betritt Klambauer ein sensibles Feld. Ihr werden von der politischen Konkurrenz neoliberale Motive vorgeworfen, das greift aber zu kurz. Denn schon lange vor Klambauer wurden auch im Sozialbereich öffentliche Aufträge immer öfter ausgeschrieben. Was der öffentlichen Hand am Bau oder bei Wirtschaftsleistungen Vorteile bringen kann, kann im Sozialbereich zum Nachteil werden.

Ausschreibungen bevorzugen immer die Großen“, sagt der Chef eines großen Anbieters im Sozialbereich in Salzburg zum KURIER. An der Teilnahme an Ausschreibungen tun sich Betriebe mit einer größeren Verwaltung leichter als kleine Vereine, wie jene, die die Salzburger Frauenhäuser betreiben. Die Messbarkeit von Ergebnissen ist im Sozialbereich nicht immer gegeben. „Den Erfolg von Frauenhäusern zu messen, ist extrem schwer“, erklärt Thaler-Haag.

Dankbares Thema für die Landtagsopposition

Die Kritik an der Ausschreibung hat auch eine politische Komponente. Weniger von den Betroffenen, sondern mehr von den anderen Parteien, die Klambauer lautstark kritisieren. Für die Opposition aus SPÖ und FPÖ, die geeint auftritt, ist es ein dankbares Thema. Die Landesregierung agiert uneinig, gleichzeitig lassen von Gewalt bedrohte Frauen kaum jemanden emotional kalt.

Von ihren Koalitionspartnern ÖVP und Grünen wird Klambauer beinahe allein gelassen. Die Unterstützung der ÖVP für das Anliegen ist halbherzig. Eine EU-weite Ausschreibung will die Landeshauptmann-Partei jedenfalls nicht. Bemerkenswerte Verrenkungskünste führen dagegen die Grünen auf.

Öffentlich wird lautstark gegen jegliche Ausschreibung argumentiert, im Landtag stimmten die Abgeordneten dann doch mit den Neos. Ihr Argument, dass eine Prüfung, wie ausgeschrieben werden muss, ja auch ergeben könne, dass gar nicht ausgeschrieben wird, geht ins Leere. Klambauer hat bereits bestätigt, dass sicher ausgeschrieben wird.

Beschluss
Der Landtag hat am Mittwoch mit den Stimmen der Regierungsparteien die Ausschreibung bekräftigt. Es soll noch geprüft werden, auf welcher Ebene ausgeschrieben wird, und noch vor der Veröffentlichung soll sich eine Expertinnenkommission dem Thema annehmen.

Keine Einsparungen
Mehrfach hat Neos-Landesrätin Andrea Klambauer betont, dass es nicht um eine Einsparung ginge. Die Fördersumme soll mit 1,2 Millionen Euro jährlich für 27 Plätze in Salzburg und Hallein gleich bleiben.

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