Wie das Lawinen-Risiko minimiert werden kann
„Das geht schon“ – dieser Satz bringe die allermeisten in Gefahr, glaubt Lucky Rauscher. Der Kärntner ist Geschäftsführer des Vereins SAAC, der seit 25 Jahren Wissen über alpine Gefahren kostenlos an Wintersportler weitergibt. Es gibt etliche Trugschlüsse, die zum Teil gute und erfahrene Wintersportler in den Bergen in gefährliche Situationen bringen kann.
„Bei Lawinenwarnstufe 4 und 5 fahren wir nicht ins freie Gelände“, sagt Bergführer Arthur Lorenz, der hier in Innsbruck ein „Basic Camp“ über alpine Gefahren leitet. Hinter ihm auf der PowerPoint-Folie eine bunte Grafik mit Gefahrenstufen und Hangsteilheit.
Trügerische Sicherheit
Dass dennoch Personen bei dieser Stufe zu Schaden kommen, ist alarmierend. „Wer bei Stufe 4 noch Skitouren gehen muss, ist selber schuld“, sagt SAAC-Obmann Thilo Bohatsch ernst. Die meisten Lawinenunfälle passieren allerdings bei Stufe 3. Viele Wintersportler verlassen sich darauf, dass es jetzt sicherer ist. Die Lawinengefahr ist hier aber immer noch „erheblich“, warnt der Bergführer. Genauso wie Bäume oder ein verspurter Hang nur trügerische Sicherheit geben, erklärt Arthur Lorenz in seinem Kurs.
Wie hier beim zweitägigen SAAC-Camp auf der Innsbrucker Nordkette wird Grundwissen über alpine Sicherheit mittlerweile von zahlreichen Anbietern vermittelt. Der Verein SAAC leistete dabei 1998 Pionierarbeit.
Von Anfang an stand dabei die Kostenlosigkeit im Vordergrund. „Wir wollten nicht, dass jemand auf den Kurs verzichtet, weil er ihn sich nicht leisten kann“, sagt Rauscher. Unterstützt von der öffentlichen Hand, von Sponsoren und Bergbahnen gibt der Verein jedes Jahr in rund 30 Camps zwischen Vorarlberg und Niederösterreich Grundwissen in den Bereichen Ausrüstung, Gefahren, Planung, Wetter und Verhalten weiter. Seit 1998 haben sich rund 29.000 Teilnehmer auf den SAAC-Camps informiert.
Dabei wird viel mehr gemacht als „nur“ die LVS-Geräte getestet. Denn die Ausrüstung allein bringe noch lange keine Sicherheit – entscheidend ist, ob man weiß, wie man mit ihr umgeht. Am allerwichtigsten ist das alpine Bewusstsein: Wer eine Skitour oder eine Fahrt im freien Gelände plant, sollte über die Schnee- und Wettersituation bestens informiert sein.
Wer eine Fahrt im freien Gelände plant, sollte immer sein LVS-Gerät gut aufgeladen unter der Jacke anbringen und Sonde und Schaufel mittransportieren. Ein Rucksack mit Airbag vermindert das Risiko, verschüttet zu werden. Bei Verschütteten kann eine Art Lawinen-Schnorchel („Avalung“) die Überlebenschancen erhöhen. Die Meinungen darüber gehen aber auseinander.
Wird man Zeuge einer Lawine, kann man den Notruf unter 140 (Bergrettung) oder 112 (Euronotruf, auch ohne Empfang) absetzen. Ist man alleine, sollte man sofort mit der Suche beginnen. Jede Minute könnte entscheidend sein.
Gefahr "optimieren"
Im Theorieteil am ersten Tag werden die verschiedenen Gefahrenfaktoren durchgesprochen - etwa Wind-, Wetter- und Schneelage, Hangneigung und -exposition. Mit Videos, Bildern und Beispielen veranschaulichen die ausgebildeten Bergführer, die den Kurs leiten, wie Lawinen entstehen und wo andere alpine Gefahren lauern.
Im Praxisteil fährt man in Kleingruppen mit Ski oder Snowboard durch das Skigebiet und bespricht immer wieder Hänge und deren Sicherheitslage. „Die Leute sollen Gefahrenzeichen im Gelände selbst erkennen können und ihre eigene Gefahr optimieren“, sagt Lucky Rauscher. Das Üben mit der Notfallausrüstung (LVS-Suche) sei dabei nur ein kleiner Teil des Camps und nur für den Ernstfall gedacht.
„Wir wollen keine Spaßbremsen sein, die sagen, bleib‘ auf der Piste. Aber wir wollen Selbsteinschätzung üben“, sagt Thilo Bohatsch. Am besten wäre es, wenn jeder Wintersportler regelmäßig Kurse besuchen würde, sind sich die Veranstalter der Camps einig. „Du bist mit dem Lernen nie fertig“, sagt Bohatsch.
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