"Widerwärtiges Luder": Schwarz-Grün einigt sich auf Erklärung

Josef Geisler ist in den vergangenen Tagen unter Druck geraten.
Für die Verlautbarung, dass man sich um die Gleichstellung von Frauen und Männern bemüht, benötigte die Tiroler Landesregierung sieben Stunden.

Der Koalitionsfrieden in Tirol wurde nach der "Luder"-Causa rund um Landeshauptmann-Stellvertreter Josef Geisler (ÖVP) am Mittwochabend hochgehalten. ÖVP und Grüne veröffentlichten in Innsbruck nach einer sieben Stunden langen Sitzung des Koalitionsausschusses eine gemeinsame Erklärung.

In dieser heißt es unter anderem, "für die Koalitionspartner steht außer Frage, dass es sich bei der Äußerung von Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter ÖR Josef Geisler (ÖR = Ökonomierat, Anmerkung) um eine indiskutable Entgleisung handelt". Geisler sehe "diesen Fehler ein". Einen Rücktritt, wie von verschiedener Seite gefordert, gibt es nicht.

Am Mittwoch vor einer Woche hatte Geisler die WWF-Vertreterin Marianne Götsch bei der Übergabe einer Petition gegen ein Wasserkraftwerk auf dem Landhausplatz in Innsbruck als "widerwärtiges Luder" bezeichnet. Geislers Pech: Die Beleidigung wurde auf Video dokumentiert.

"Eklat bei Petitions-Übergabe"

Nach eher halbherzigen Entschuldigungen Geislers und der Erklärung seines Büros, ein "Luada" sei in Tirol ja ein Ausdruck für "eine schlitzohrige, hartnäckige Person" und nicht unbedingt negativ zu verstehen, ging die Debatte über den Landeshauptmann-Stellvertreter über Tage hinweg weiter. Auch das Klima zwischen Tiroler ÖVP und Landesgrünen trübte sich zwischenzeitlich ein. Inzwischen hat sich Geisler persönlich und öffentlich bei Umweltaktivistin Götsch entschuldigt.

Wortreiche Erklärung

Nun haben Schwarz-Grün nach siebenstündigen Beratungen folgende Erklärung abgegeben, die wir in Berufung auf die Tiroler Tageszeitung im Wortlaut zur Verfügung stellen:

"1. Die Koalitionspartner bekennen sich zu sämtlichen Punkten des Regierungsprogrammes 'Entschlossen regieren. Tirols Zukunft sichern. Regierungsprogramm für Tirol 2018 – 2023'.

2. Für die Koalitionspartner steht außer Frage, dass es sich bei der Äußerung von Herrn Landeshauptmann-Stellvertreter ÖR Josef Geisler um eine indiskutable Entgleisung handelt. LH-Stv. ÖR Geisler sieht diesen Fehler ein. Respektvoller und wertschätzender Umgang mit allen Menschen ist für die Koalition ein unverzichtbarer Bestandteil der gemeinsamen Arbeit und soll das auch bleiben.

3. Intensivierte Bemühungen zur weiteren Gleichstellung von Frauen und Männern in allen Lebensbereichen sind für die Tiroler Landesregierung ein besonderes Anliegen. Die Koalitionspartner erkennen die aktuelle besondere Dringlichkeit für die Bereiche Frauen, Gleichstellung und Antidiskriminierung und bekennen sich zur besonders dringlichen Umsetzung dieser Punkte des Regierungsprogrammes im Laufe des nächsten Jahres. Dies ist besonders den Grünen Tirol wichtig, für die Feminismus einer ihrer Grundwerte ist. Die Umsetzungsschritte werden in der Herbst-Klausur festgelegt.

4. Für beide Koalitionspartner ist der Naturschutz ein wichtiges Anliegen, weshalb dieser bereits im beschlossenen Regierungsprogramm einen großen Platz einnimmt. Im Zuge des Konjunkturprogramms für 2021 wird der Naturschutz einen Schwerpunkt bilden.

5. Alle derzeitigen Bemühungen der Tiroler Landesregierung dienen der Bewältigung der aktuellen Wirtschaftskrise, der Senkung der Arbeitslosigkeit und dem Erhalt des sozialen Friedens. Dies erfordert die ganze Kraft der Tiroler Landesregierung und daher wird hierzu über den Sommer hinweg gearbeitet und für die Regierungsklausur im Herbst ein umfangreiches regional, digitales, nachhaltiges und soziales Konjunkturpaket für 2021 vorgelegt."

WWF verärgert

Auf keine Gegenliebe stieß diese Erklärung bei der Umweltorganisation WWF (World Wide Fund For Nature). "Echte Konsequenzen sehen anders aus. Das ist definitiv nicht der glaubwürdige Neustart, den Tirol und der Naturschutz brauchen", erklärte Naturschutz-Bereichsleiter Christoph Walder. Anstatt grundlegende Reformen einzuleiten, dominiere das Motto "Weiter wie bisher". WWF-Forderungen an Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) fänden sich in der Erklärung nicht wieder.

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